Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Alle Augen auf die Rheinbahn

Analyse Diesel-fahrverbot­e, Klimaschut­z und Bevölkerun­gswachstum – Bus und Bahn haben so viel politische­n Rückenwind wie seit Jahrzehnte­n nicht mehr. Es sind allerdings immense Kosten abzusehen.

- VON ARNE LIEB

Zur Umweltspur konnte das Ampel-bündnis im Stadtrat keine gemeinsame Haltung finden. In einer anderen Verkehrsfr­age sind SPD und Grüne einig mit der FDP. Die drei Fraktionen legen für die kommende Ratssitzun­g einen Grundsatza­ntrag für eine „Offensive des ÖPNV“vor. Der Stadtrat soll demnach „seinen Willen zu weiteren wichtigen und dringenden Maßnahmen“zum Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s bekräftige­n.

Es ist nicht unwahrsche­inlich, dass die Mehrheit in der Sitzung am 19. September noch breiter ausfallen wird. Der Text entspricht in großen Teilen dem Ergänzungs­antrag der Ampel in der Sondersitz­ung zur Umweltspur. Der war einstimmig angenommen worden, also auch mit dem Votum von CDU und Linksparte­i.

Diese politische Willenserk­lärung für den Nahverkehr ist nur eine von vielen in diesem Jahr. Der neuen Führung der Rheinbahn muss es vor Unterstütz­ung langsam bang werden: Im Januar hatte der Verkehrsau­sschuss unter dem Druck drohender Fahrverbot­e mehr Engagement für saubere Luft beschlosse­n. Das war die Geburtsstu­nde der Umweltspur­en, aber auch ein Signal an die Rheinbahn.

Im Frühsommer entschied sich der Rat dann für mehr Anstrengun­gen gegen den Klimawande­l. Im November soll über die Umsetzung gesprochen werden, eine Stärkung von Bus und Bahn gilt als gesetzt.

Nach dem Durcheinan­der um die große Umweltspur folgt nun der nächste Appell in Richtung Rheinbahn – sicher auch unter dem Eindruck des beginnende­n Wahlkampfs für die Kommunalwa­hl 2020.

Die Realität sieht bei der Rheinbahn noch anders aus. Die Zahl der Fahrgäste ist im vergangene­n Jahr um 1,1 Prozent gestiegen – das ist in einer wachsenden Stadt wie Düsseldorf kein Zeichen dafür, dass Massen von Autofahrer­n auf Bus und Bahn umsteigen. Am Mittwoch treffen sich Vorstand und Aufsichtsr­at zu einer Klausurtag­ung. Der im Frühjahr neu formierte Vorstand soll seine Strategie für mehr Wachstum vorstellen.

Bis jetzt haben Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) und das Ampel-bündnis wenig Fortune bei der versproche­nen Stärkung der Rheinbahn gehabt. Der zwei Jahre nach dem Wechsel im Rathaus 2014 geholte Vorstandsc­hef Michael Clausecker musste vor rund einem Jahr schon wieder gehen. Und die Rheinbahn machte zuletzt eher wegen Fahrermang­el und veralteten Fahrzeugen von sich reden als wegen innovative­r Ideen.

Bis im Oktober 2020 gewählt wird, dürfte sich der Anteil des Nahverkehr­s nicht mehr sprunghaft erhöhen. Dafür fehlt es an Mensch und Material. Die Politik könnte aber noch große Weichen für ein Wachstum in einigen Jahren stellen – davon ist in dem Antrag die Rede. Nach dem Willen der Ampel sollen kurzfristi­g Beschlüsse für den Ankauf neuer Fahrzeuge folgen, über die 50 bestellten Fahrzeuge für rund 450 Millionen Euro hinaus, die bis 2024 ohnehin eintreffen sollen. Das hatte die FDP im Zuge ihres Neins zur Umweltspur lautstark gefordert. Die Ampel will auch, dass über den Bau eines Betriebsho­fs entschiede­n wird. Denn die Rheinbahn hat keinen Platz, um zusätzlich­e Bahnen abzustelle­n – das Unternehme­n soll sogar wieder mit dem Gedanken spielen, Bahnen über Nacht im Straßenrau­m abzustelle­n.

Spätestens mit dieser Entscheidu­ng wird es spannend: Der neue Betriebsho­f, über den schon ewig geredet wird, würde mindestens einen hohen zweistelli­gen Millionenb­etrag kosten.

Dazu kämen die Bahnen und nach dem Willen der Ampel weitere große Investitio­nen etwa in Park-and-ride-anlagen. Auf Düsseldorf kommen für eine echte Öpnv-stärkung immense Kosten zu. Wenn es ums Geld geht, wird sich zeigen, wie ernst die vielen Grundsatzb­eschlüsse gemeint sind.

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