Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
„Wollen aus der Sicht des Kunden denken“
Mit Miles ist ein neuer Anbieter gestartet, Marktführer Share Now stellt sich neu auf. In der Politik werden allerdings Zweifel laut, dass Carsharing wirklich die Zahl der Autos reduziert.
Die Öpnv-nutzer stehen im Mittelpunkt der Unternehmensstrategie, die das Vorstands-trio gestern dem Aufsichtsrat präsentierte.
Sharing-systeme sorgten in jüngster Zeit für viel Aufsehen – allerdings ging es dabei nicht um Autos, sondern um E-scooter und Fahrräder. Das einst viel beachtete Carsharing ist in den Hintergrund getreten und wird zudem kritischer als vor einigen Jahren betrachtet. Das könnte sich wieder ändern: Der Markt ist in Bewegung – und für Interessenten gibt es neue Angebote. Der Überblick:
Die Neuen Das Unternehmen Miles ist im August in Düsseldorf gestartet. Wie Marktführer Share Now setzt das Berliner Start-up auf das sogenannte Free-floating-system. Das bedeutet: Die Autos stehen verteilt auf regulären Parkplätzen in der Innenstadt und können nach der Fahrt in anderen Parklücken abgestellt werden. Miles wirbt mit einer anderen Abrechnungsart: Statt nach der Mietzeit richtet sich der Preis nach der zurückgelegten Strecke. Das soll den Nutzern etwa bei längerer Parkplatzsuche Geld sparen und die Sicherheit erhöhen, weil Fahrer nicht zur Eile angehalten werden. Wie in anderen Sharing-systemen lassen sich die Autos per App finden und reservieren. Der Preis richtet sich nach dem Modell. Kleine Fahrzeuge ( VW Polo) kosten 79 Cent pro Kilometer, mittlere ( VW Golf Variant) 99 Cent. Eine Besonderheit: Es gibt auch Transporter. Der Preis pro Kilometer beträgt dann 1,19 Euro ( VW Crafter). Es gibt auch Pauschalen für eine Tagesmiete. Miles ist mit 150 Fahrzeugen in Düsseldorf gestartet. Das Geschäftsgebiet umfasst eine Zone in der Innenstadt, zu der auch große Teile des Linksrheinischen gehören. Grenzen befinden sich etwa ungefähr beim Flughafen im Norden, an der Stadtteilgrenze zwischen Flingern und Gerresheim im Osten und zwischen Wersten und Holthausen im Süden. Die Grenze verläuft unregelmäßig, im Zweifelsfall hilft ein Blick auf die Karte in der App.
Der Marktführer Bislang dominierten Car2go (Daimler) und Drivenow (BMW) das Free-floating-sharing in Düsseldorf. Im Februar verkündeten die beiden Anbieter ihre Fusion zu Share Now. Sie verfügen gemeinsam über 1300 Fahrzeuge in einem Geschäftsgebiet, das Düsseldorf und Köln umfasst. Der Zusammenschluss ist in der Praxis bislang nur teilweise vollzogen: Kunden sehen zwar in der App auch die Fahrzeuge des anderen Dienstes, müssen aber bei beiden angemeldet sein, um alle Autos nutzen zu können. Im Laufe des Jahres soll sich das ändern, teilt eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mit. Dann wird auch das gemeinsame Geschäftsgebiet vorgestellt – beide Dienste decken bislang ebenfalls nur bestimmte Zonen im Stadtgebiet ab. Klar ist: Im Grundsatz will Share Now an dem etablierten System ohne feste Parkplätze festhalten. Die anderen Die beiden anderen größeren Anbieter, Greenwheels und Stadtmobil, setzen auf stationsbasiertes Carsharing. Die Kunden holen die Autos also von festen Parkplätzen ab und bringen sie zum Ende der Miete zurück. Ihr Marktanteil ist im Vergleich zu den beiden Share Now-diensten gering (siehe Infokasten).
Die Kritik Carsharing galt lange als Zukunftstechnologie, um die Zahl der Pkw in Großstädten zu senken – und wurde daher von der Politik hofiert. Die Zweifel werden allerdings lauter, ob die Hoffnungen berechtigt sind. Eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney kommt zu dem Ergebnis, dass der Hype um das Carsharing bislang nicht gerechtfertigt sei. Demnach ersetzen die Nutzer eher gelegentliche Fahrten mit Bus und Bahn durch ein Mietauto, verzichten aber nicht auf den eigenen Pkw. Die CDU wollte jüngst in einer Anfrage die Effekte für Düsseldorf erfahren. Klar ist, dass dort die Zahl der Pkw-zulassungen zwischen 2017 und 2018 sogar gestiegen ist. Die Effekte des Carsharings sind aber laut Stadtverwaltung nicht nachzuzeichnen. Share Now widerspricht auf Anfrage: Es gebe diverse Studien, die Ersetzungseffekte privater Pkw durch Carsharing belegen. Interesse am Carsharing ist in jedem Fall da: Die Anzahl der Kunden von Drivenow und Car2go in Düsseldorf ist seit 2017 um 45 Prozent gestiegen.