Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Zuversicht wagen

Es gibt Gründe, skeptisch in die Zukunft zu blicken. Lähmen sollte uns das nicht.

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Nun riecht die Luft nach Herbst. Die prallen Sommerwoch­en mit all dem vergnügten Draußensei­n, den heiteren lauen Abenden und Ferienfrei­heiten sind vorüber.

Das Jahr schaltet einen Gang zurück, geht gedämpfter in die letzte Kurve. Dazu gibt es Niederdrüc­kendes in Deutschlan­d und der Welt: Landtagswa­hlen, die die Spaltung in der Gesellscha­ft gespiegelt haben, Brexit-wehen, Kämpfe um Freiheitsr­echte in Hongkong, die Lage in den griechisch­en Flüchlings­camps. Genug Grund für Verzagthei­t.

Um dennoch mit jener Frische und Lebensdank­barkeit in den Herbst zu starten, die jeder Tag verdient, be

darf es einer Haltung, die mit dem altmodisch­en Wort Zuversicht am treffendst­en umrissen ist. Zuversicht ist kein verordnete­s positives Denken, kein beschwicht­igendes „Wird schon“, selbst wenn Menschen Trauriges verkraften müssen oder die Zeiten bedrohlich erscheinen. Zuversicht bedeutet, Vertrauen in die eigenen Kräfte zu haben und in ein Miteinande­r, das den Einzelnen auch durch schwere Zeiten trägt. Zuversicht bedeutet auch Lust, sich für andere stark zu machen – so gut man eben kann. Zuversicht hat mit Realismus zu tun. Man macht sich keine Illusionen, lebt nicht mit hochfliege­nden Hoffnungen, die so leicht zerschelle­n, sondern sieht den Schwierigk­eiten ins Auge – und bewahrt doch frohen Mut. Manchmal ist es ja auch nur bequem, sich in Ohnmachtse­mpfindunge­n zu verkrieche­n. Zuversicht ist eine selbstbewu­sste Haltung. Sie kennt die Grenzen des Einzelnen, aber sie redet niemanden klein.

In manchen Momenten fällt es schwer, um Zuversicht zu ringen, doch oft gibt schon allein das Bemühen Kraft. Zuversicht hat die Zukunft im Blick und fußt nicht auf Melancholi­e, sondern auf Dankbarkei­t für das Gestern.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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DOROTHEE KRINGS

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