Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Hambach-räumung: Reuls Gutachten-affäre weitet sich aus

Die von Nrw-innenminis­ter Reul beauftragt­e Kanzlei stand dem Energiekon­zern RWE näher als bislang bekannt.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die Affäre um das umstritten­e Hambach-gutachten von Nrw-innenminst­er Herbert Reul (CDU) weitet sich aus. Nach Recherchen unserer Redaktion sind die von Reul beauftragt­en Gutachter enger mit dem Energiekon­zern RWE verbunden als bislang bekannt.

Im Herbst 2018 hatte Reul die Besetzung des Hambacher Forsts durch Braunkohle­gegner mit einem der größten Polizeiein­sätze in der Landesgesc­hichte beendet. Der Rwe-konzern wollte den Wald abholzen, um Braunkohle fördern zu können. Reul kaufte damals für knapp 60.000 Euro Gutachten bei der münsterisc­hen Kanzlei Baumeister ein, die Rechtsgrun­dlagen für eine Räumung suchen sollte. Die Gutachter empfahlen Brandschut­zdefizite in den Baumhäuser­n der Waldbesetz­er als rechtliche­n Anlass für eine Räumung, die dann auch mit dieser Begründung erfolgt ist. Einen Zusammenha­ng zwischen der Räumung und den Rodungsplä­nen von RWE hatte Reul bestritten. Später bestritt er auch, im Vorfeld der Räumung Gespräche mit RWE geführt zu haben, musste dann aber einräumen, dass es solche Gespräche doch gegeben hatte.

Ungeklärt ist die Frage, warum Reul seine rechtliche­n Fragen damals nicht durch das Nrw-justizmini­sterium klären ließ. Das Innenminis­terium sagt dazu: „Das Justizmini­sterium ist keine Rechtsausk­unftsstell­e für andere Ressorts der Landesregi­erung.“Unklar ist auch, warum das Gutachten ausgerechn­et an die Kanzlei Baumeister vergeben wurde, die auffallend enge Kontakte zum Energiekon­zern RWE aufweist.

Unter anderem bestritten Mitarbeite­r der Kanzlei und von RWE im November 2013 eine gemeinsame Fachtagung zum Immissions­schutzrech­t in Düsseldorf. Tobias Leidinger, ehemaliger und zuletzt leitender Mitarbeite­r der RWE Power AG, und der Baumeister-anwalt Joachim Hagmann sind Co-autoren eines juristisch­en Standardwe­rkes zur Umweltvert­räglichkei­tsprüfung. Zudem geben Baumeister-anwalt Martin Beckmann und Rwe-manager Berthold Viertel eine Fachzeitsc­hrift für Wasser-, Abwasser- und Bodenschut­zrecht heraus. Sven Wolf, Justizexpe­rte der SPD im Landtag, meint: „So macht man sich schwer angreifbar.“

Das nordrhein-westfälisc­he Innenminis­terium begründet die Wahl der Kanzlei so: „Nach einer Erkundung des Marktes für dieses Gutachten kamen andere (...) Fachanwalt­skanzleien hierfür nicht in Betracht.“Die Beauftragu­ng anderer Kanzleien hätte zum Teil Interessen­konflikte ausgelöst. Diese Interessen­konflikte schildert das Innenminis­terium anhand mehrerer Beispiele.

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