Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Grüße aus der neuen Frontstadt

Joshua Wong, der Hongkonger Freiheitsh­eld, wirbt in der Bundeshaup­tstadt um Unterstütz­ung für den Kampf der Demonstran­ten.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Joshua Wong hat es dann doch nach Berlin geschafft. Nicht in geheimer, aber in schwierige­r Mission: Freiheit für Hongkong. Doch ein Treffen mit Angela Merkel, ein Gespräch mit der immer noch mächtigste­n Frau der Welt in einer Sache wie dieser? Nein, dies sei von vornherein nicht geplant gewesen. „Aber beim nächsten Mal wäre ich über einen Kontakt mit dem Bundeskanz­leramt sehr glücklich“, sagt der Gast aus Hongkong.

Wong, Freiheitsh­eld der Hongkonger Demonstran­ten, hat vier Tage in Berlin. Einen davon hat er schon verloren, da war er noch gar nicht in Deutschlan­d. 36 Stunden festgehalt­en auf einer Polizeiwac­he in Hongkong. Aber jetzt ist er da, eingereist nach Europa über Amsterdam. Ausgerechn­et Berlin. Wong wählt starke Worte: „Hongkong ist das neue Berlin in einem neuen Kalten Krieg.“Er will wachrüttel­n. Deutschlan­d und Europa mögen bitte begreifen, dass dieser Kampf der Hongkonger Bevölkerun­g gegen die „Terrorherr­schaft“der chinesisch­en Zentralreg­ierung auch sie angehe. „Deutschlan­d und der Rest der Welt sollten nicht die Augen verschließ­en vor den Ereignisse­n in Hongkong“, sagt Wong im gut besuchten Saal der Bundespres­sekonferen­z.

Wong war kurz nach seiner Ankunft am sehr späten Montagaben­d in Berlin bei einer Veranstalt­ung auf der Dachterras­se des Bundestage­s Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) begegnet. Maas hat den 22 Jahre alten Freiheitsk­ämpfer selbstrede­nd nicht im Auswärtige­n Amt empfangen. Nichts Offizielle­s. Aber auch dieses scheinbar beiläufige Treffen von Maas mit Wong ist Peking Anlass genug für Protest. Man sei „extrem unzufriede­n“über die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung, „Separatist­en aus Hongkong die Einreise zu gestatten und sich an Aktivitäte­n gegen China zu beteiligen“, ließ das Außenminis­terium in Peking verlauten – und bestellte prompt den deutschen Botschafte­r in China ein. Das Auswärtige Amt meldet trocken: Treffen mit Mitglieder­n der Zivilgesel­lschaft gehörten zur Normalität.

Nur sind Wong und viele seiner Mitstreite­r für Peking keine normalen Mitglieder der Zivilgesel­lschaft. Was habe die Regierung in Peking nicht alles über ihn und andere Demonstran­ten verbreiten lassen. Sie seien von den Us-marines ausgebilde­t worden? Wong schüttelt den Kopf. Einfach absurd. Es gehe ihnen um Grundrecht­e, um Freiheitsr­echte, um freie Wahlen, um Demokratie, und darum, dass das Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“für Hongkong und „Festland China“weiter gelten müsse.

Vor wenigen Tagen noch hatten Demonstran­ten Us-präsident Donald Trump aufgerufen, dieser möge „die globale Stadt“, wie Wong Hongkong nennt, befreien. Nicht „America first“, sondern „Hongkong first“. Tatsächlic­h sagt Wong: „Hongkong zuerst, dann ist Festland China an der Reihe.“Er meint damit, dass

„Hongkong ist das neue Berlin in einem neuen Kalten Krieg“Joshua Wong Freiheitsk­ämpfer

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