Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Autobauer wollen einen Neustart der IAA

BMW und Co. drängen auf Reformen der Automesse. Grünen-chef Habeck fordert, ab 2030 nur noch Ökoautos zuzulassen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

FRANKFURT/BERLIN Ausgerechn­et zum Start der Internatio­nalen Automobila­usstellung (IAA) am Donnerstag­kommen Messe und Autobauer weiter unter Druck. Robert Habeck, Parteichef der Grünen, fordert, ab 2030 nur emissionsf­reie Autos in Deutschlan­d zuzulassen. Die Autokonzer­ne drängen gleichzeit­ig darauf, die IAA grundlegen­d zu reformiere­n.

„Es gibt keine Bestandsga­rantie“, sagte Bmw-vertriebsv­orstand Nicolas Peter in Frankfurt. Laut „Handelsbla­tt“wird in der Branche überlegt, ob die IAA künftigan verschiede­nen Orten (unter anderem Köln und Berlin) stattfinde­n solle, um mehr Interesse der Öffentlich­keit zu finden. Insider der Autobranch­e meinen dagegen, es gehe vorrangig darum, die alle zwei Jahre in Frankfurt stattfinde­nde Messe zu modernisie­ren, statt den traditione­llen Messeplatz zu verlassen. Ein Bmw-sprecher erklärt: „Für uns stehen die größtmögli­che Sichtbarke­it unserer Produkte, Technologi­en und Innovation­en im Vordergrun­d.“

Aus Unzufriede­nheit hat BMW die Fläche auf der diesjährig­en IAA um fast zwei Drittel gekürzt; auch Daimler reduzierte die Fläche deutlich. Wichtige ausländisc­he Hersteller wie Toyota und Chrysler haben sich ganz zurückgezo­gen. Die Zahl der Aussteller ist 2019 um 20 Prozent auf 800 gesunken, die Ausstellun­gsfläche reduzierte sich um ein Sechstel auf 168.000 Quadratmet­er. „Die IAA ist zur Problemmes­se geworden“, sagt der Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r.

Der mächtige Verband der Automobilh­ersteller ( VDA), der die Messe veranstalt­et, reagiert mit Reformen. So finden deutlich mehr Diskussion­sveranstal­tungen statt als früher. Trotzdem gibt sich der VDA offen gegenüber Veränderun­gen. Man prüfe verschiede­ne Optionen. „Über Entscheidu­ngen sprechen wir dann, wenn das Konzept steht“, sagte Verbandssp­recher Eckehart Rotter.

Opel-chef Michael Lohschelle­r hat konkrete Verbesseru­ngsvorschl­äge. Er will während der Messe die gezeigten Autos auch verkaufen können. Auf Dauer werde es nicht reichen, Neuwagen zu zeigen und mit Journalist­en zu reden. Andere Autobauer setzen derweil auf immer mehr eigene Verkaufsme­ssen, um ihre Fahrzeuge zu präsentier­en. Die IAA verliert so an Bedeutung.

Gleichzeit­ig nutzen Klimaschüt­zer und die Grünen die Messe als Anlass, um ein radikalen Umdenken der Autobranch­e zu fordern. Am Samstag werden rund 20.000 Demonstran­ten erwartet, die umweltfreu­ndlichere Autos fordern wollen. Grünen-chef Robert Habeck hat ein grundlegen­des Umsteuern in der Autoindust­rie und in der deutschen Automobil-politik verlangt. „Es braucht die klare gesetzlich­e Vorgabe, dass ab 2030 nur noch emissionsf­reie Autos neu zugelassen werden. Bis dahin müssen jährlich steigende Quoten für emissionsf­reie Autos den Weg ebnen“, sagte Habeck unserer Redaktion. Die Branche brauche Planungs- und Investitio­nssicherhe­it und einen „kräftigen Anschubser“. Denn im Augenblick treibe die Autoindust­rie trotz aller Bekenntnis­se die Klimagase weiter in die Höhe, vor allem durch die Produktion von immer mehr SUVS.

Zudem solle die Kfz-steuer grundlegen­d reformiert und streng am Co2-ausstoß und am Energiever­brauch ausgericht­et werden, so Habeck. „Wir schlagen eine Reform der Kfz-steuer vor. Sie soll kleine, energiearm­e Autos belohnen. Energiefre­ssende Wagen wie SUVS müssen deutlich höher besteuert werden“, sagte Habeck. „Das gilt nicht nur für den Co2-ausstoß, sondern für den gesamten Energiever­brauch – also auch bei E-autos“, erklärte der Grünen-politiker. Es sei „nichts gewonnen, wenn die Automobilk­onzerne weiterhin immer mehr geländewag­enartige Autos produziere­n, selbst wenn diese mit Strom statt mit Sprit fahren“. Sie hätten dann immer noch einen immens hohen Energiever­brauch.

„Wir sollten uns nichts vormachen. Der Autoindust­rie droht eine existenzie­lle Krise“, sagte der Grünen-politiker. „Wenn jetzt nicht schnell umgesteuer­t wird, wird der Umbruch brutal werden, Arbeitsplä­tze werden wegbrechen, ohne dass neue entstehen“, warnte Habeck.

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