Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Lob dem Nickerchen

Ein kleiner Mittagssch­laf kann die Leistung steigern, heißt es von Experten. Dafür reichen schon Ruhepausen von 20 Minuten.

- VON HANS ONKELBACH

DÜSSELDORF Sprechen wir doch mal über den Mittagssch­laf. In mediterran­en Breiten auch Siesta genannt. Einst war er auch bei uns nicht ungewöhnli­ch, wer konnte, legte sich mittags – nach dem Essen – noch ein bisschen hin und schlief. Danach konnte der Rest des Tages kommen.

Aber die Gewohnheit kam aus der Mode, der moderne Mensch in einer schnellleb­igen Zeit hatte nicht die Muße, tagsüber zu ruhen, an den meisten Arbeitsplä­tzen war das erstens aus räumlichen Gründen nicht möglich und zweitens auch aus Imagegründ­en verpönt.

Doch das ändert sich langsam. Mehr und mehr erkennen die Menschen, wie wichtig eine wirklich entspannen­de Phase sein kann. Firmen richten Ruheräume ein und Möbelhändl­er bieten passende Sessel oder Liegen an, die auch im Büro nutzbar sein können. Keiner muss sich unter den Schreibtis­ch betten oder im Auto in der Tiefgarage für eine halbe Stunde die Augen schließen. Der kurze Schlaf während der Arbeitszei­t ist neuerdings akzeptiert, und man hat auch einen passenden Namen: „power nap“– erfunden in den USA.

Leistungsf­orscher preisen mittlerwei­le die kurze Mittagsruh­e. Das Nickerchen verspricht eine erstaunlic­he Leistungss­teigerung für müde Arbeitnehm­er. „Studien zeigen, dass ein kurzer Schlaf die Leistungsf­ähigkeit um bis zu 35 Prozent steigern kann“, sagt der Schlafexpe­rte Jürgen Zulley, Professor für Biologisch­e Psychologi­e an der Uni Regensburg. Allerdings spricht er nicht vom stundenlan­gen Tiefschlaf.

Im Gegenteil ist es ratsam, den Wecker nach 20 bis 30 Minuten klingeln zu lassen. Denn bis dahin befindet sich der Schlafende noch in einem Leichtschl­af. Erst danach geht der Körper in tiefere Schlafstad­ien über – und aus diesen erwacht man wiederum nur schwer. „Wer länger als etwa eine halbe Stunde schläft, ist danach noch bis zu einer Stunde schlaftrun­ken – und das würde ihn dann wiederum bei seiner Arbeit behindern“, sagt Zulley. Um genau diesen Zustand zu vermeiden, empfehlen manche Schlaffors­cher sogar, noch weniger zu schlafen. Es reichen sogar zehn Minuten, um sich danach wirklich wieder fit zu fühlen. Einige, die diese Art der Pause pflegen, brauchen dafür noch nicht einmal einen Wecker: Sie werden von allein nach zehn oder 15 Minuten wach und gehen wieder frisch ans Werk.

Diesen kurzen Schlaf um die Mittagszei­t zu genießen, passt zum Bio-rhythmus der Menschen, sagt ein Experte: „Zur Mittagszei­t ist unser Kreislauf am labilsten und die Wahrschein­lichkeit für Flüchtigke­itsfehler am höchsten.“Wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen haben gezeigt, dass Studientei­lnehmer ein Nickerchen zwischen 13 und 14 Uhr bevorzugen – ganz unabhängig davon, ob sie zuvor reichhalti­g gegessen haben. Sie folgen instinktiv ihrer inneren Uhr.

Der kurze Schlaf ist aber nicht nur wichtig für die Regenerati­on, sondern fördert auch die Gesundheit. Mediziner wissen, dass eine solche Ruhepause Herz- und Kreislaufe­rkrankunge­n vorbeugt. Wer es allerdings nicht schafft, für eine solche

kurze Spanne wirklich einzuschla­fen, dem raten sie dennoch zu einer Ruhepause: 30 Minuten die Augen schließen, die Füße hochlegen, die Gedanken schweifen lassen – auch das kann schon ausreichen, sich nachher wieder fit zu fühlen.

Die mutmaßlich­en Wirkungen reichen von Stressabba­u über eine Verbesseru­ng der Stimmung bis hin zu einer Reduktion des Diabetes-risikos. Also haben alle was von dieser Ruhepause, egal, ob wirklich schlafend oder sehr entspannt – Firma wie Arbeitnehm­er. Weil sich diese Erkenntnis durchsetzt, bieten immer mehr Unternehme­n ihren Leuten passend möblierte Ruheräume mit bequemen Liegen oder Sesseln für solche Pausen – in deren und daher auch im eigenen Interesse.

Das Handy sollte allerdings während des Schläfchen­s außer Reichweite oder ausgeschal­tet sein.

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FOTO: ISTOCK Ein Nickerchen in der Mittagspau­se kann wohltuend sein – allerdings gibt es dafür bequemere Orte als den Schreibtis­ch.

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