Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

U-ausschuss zu Hambach gefordert

Ein Jahr nach der Räumung im Hambacher Forst gerät die Landesregi­erung unter Rechtferti­gungsdruck.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Ein Jahr nach der spektakulä­ren Räumungsak­tion im Hambacher Forst hat das Thema den Nrw-innenminis­ter mit voller Wucht eingeholt. Im Innenaussc­huss des Landtages hatte Herbert Reul (CDU) am Donnerstag Mühe, die Fragen der Opposition zu parieren, und steht weiter heftig in der Kritik. „Die Landesregi­erung hat versucht, ihre Kontakte mit dem Kohlekonze­rn zu verheimlic­hen“, sagte Kathrin Henneberge­r vom Aktionsbün­dnis „Ende Gelände“. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss sei überfällig und Reul „schon lange nicht mehr tragbar“, so Henneberge­r.

Reul verteidigt­e im Innenaussc­huss die Räumung. „Ich wollte verhindern, dass Gewalt und Chaos im Wald ausbricht und hunderte Menschen zu Schaden kommen.“Der Hambacher Forst sei damals „zum Sammelbeck­en von Chaoten aus ganz Europa“geworden. „Ich mag mir gar nicht ausdenken, was passiert wäre, wenn wir erst bei der Rodung in den Forst gegangen wären.“

Seit die Gutachten, die vor einem Jahr zur Räumung des Waldes führten, online sind, steht Reul unter Rechtferti­gungsdruck. Es geht um einen der größten Polizei-einsätze in der Geschichte des Landes. Und es geht um den Vorwurf, dass die Räumung deshalb stattfand, weil der Energiekon­zern RWE es so wollte. Die Landesregi­erung als Erfüllungs­gehilfe von RWE?

Für die Opposition ist die Sache eindeutig: Aus den Gutachten gehe hervor, dass die Brandgefah­r für die Baumhäuser nur ein Vorwand war, heißt es bei SPD und den Grünen unisono. Sie zeigten deutlich, dass Reul im Vorfeld krampfhaft auf der Suche nach einem Grund gewesen sei, um die Räumungsak­tion juristisch zu rechtferti­gen. Schließlic­h sei er im Baurecht fündig geworden.

„Wenn der Staat Recht und Gesetz durchsetze­n will, muss er manchmal eben auch ungewöhnli­che Wege gehen“, rechtferti­gte Reul dieses Vorgehen im „Kölner Stadt-anzeiger“. Das Polizeirec­ht habe er dazu nicht heranziehe­n können, meinte er und stellte noch einmal klar: „Ich war weder Erfüllungs­gehilfe noch Büttel von RWE“. Genau diesen Verdacht legt der Opposition zufolge aber ein Lapsus des Innenminis­ters nahe. Kurz nach Veröffentl­ichung der Gutachten hatte Reul sich an Treffen mit Rwe-vertretern nicht erinnern können. Wenig später musste er jedoch einräumen, dass er sich zweimal mit Managern des Konzerns getroffen hatte. Einmal war es ein Gespräch mit dem Braunkohle-vorstand, dann gar mit Rwe-konzernche­f Rolf-martin Schmitz. Der habe gegenüber Reul bekräftigt, dass RWE auf seinem Rodungsrec­ht bestehe. Dass also der Polizei-einsatz nicht umsonst sein würde. RWE war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht befugt, den Wald zu roden.

Jetzt versucht Reul die Flucht nach vorn. Nachdem Opposition und Umweltschü­tzer den Minister aufgeforde­rt haben, größtmögli­che Transparen­z in die Vorgänge zu bringen, entschloss er sich zusammen mit dem Wirtschaft­s-, dem Bau-ministeriu­m und der Staatskanz­lei, alle Akten zur Einsicht offenzuleg­en. Doch auch dieses Vorhaben löste bereits Streit aus: Dass Journalist­en die Unterlagen am Donnerstag­abend und damit noch vor den Landtagsab­geordneten einsehen konnten, ist aus Sicht der Opposition eine Missachtun­g des Parlaments.

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FOTO: DPA Zwei Polizisten stehen vor einem Baumhaus im Hambacher Forst.

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