Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
„Co2-ampel für Lebensmittel“
Der Chef der Jungen Union kritisiert den Transport von Lebensmitteln aus anderen Kontinenten.
Herr Kuban, eine junge Schwedin ist aus dem Nichts aufgetaucht und hat eine weltweite Bewegung für mehr Klimaschutz ausgelöst. Kann eine Jugendorganisation da nicht neidisch werden?
KUBAN Sie hat ein Thema auf die Agenda gebracht, das viele junge Menschen bewegt. Wir sind die größte Jugendorganisation Europas und stehen für politische Forderungen, die Realität werden. Wer also modern und innovativ etwas bewegen will, ist bei uns genau richtig. Da müssen wir uns vor niemandem verstecken.
Welche Defizite hat Ihrer Ansicht nach „Fridays for Future“?
KUBAN Ich wünsche mir mehr Kompromissfähigkeit in unserer Gesellschaft. Die einen wollen den radikalen Kohleausstieg jetzt und sofort und die anderen wollen alle Migranten ausweisen. Ich finde, wir müssen in Deutschland mal wieder lernen, den Weg zum Kompromiss zu gehen. Es ist bedenklich, wenn etwa die Kohlekommission, die zunächst als Sitzkreis belächelt wurde, unter Einbindung aller Akteure ein Ausstiegsdatum findet und eine Abschaltung von 52 Prozent unserer Energieversorgung in den nächsten 19 Jahren festlegt, und dann dieses Ergebnis zwei Wochen später wieder infrage gestellt wird.
Kann Klimaneutralität auch Kostenneutralität für die Bürger bedeuten? Oder wer sollte zur Kasse gebeten werden. Wie sollte die Co2-bepreisung aussehen?
KUBAN Ich wünsche mir einen ausgewogenen Dreiklang aus Belastung, Entlastung und Investition. Uns ist klar, dass es Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt. Mir missfällt aber, dass wir immer erstmal über neue Einnahmequellen reden, statt über konkrete Projekte, die wir damit umsetzen wollen. Das verstehen die Menschen nicht.
Dann sind wir wieder bei der Co2-bepreisung. Muss eine Nachwuchsorganisation nicht vorangehen und Vorschläge machen? KUBAN Wir haben viele Punkte mit angestoßen und konkrete Vorschläge für eine Innovationsagenda gemacht. Eine Frage wird sein: Machen wir in Deutschland den gleichen Fehler wie beim Ausstieg aus der Kernenergie – auch heute werden noch Atomkraftwerke auf der Welt gebaut – aber nicht mehr mit deutscher Technik. Wenn wir wissen, dass derzeit 1400 Kohlekraftwerke im Bau oder in der Planung sind, dann wissen wir auch, dass das Thema global noch länger eine Rolle spielen wird und Co2-emissionen nicht an der deutschen Grenze halten machen. Deshalb schlage ich vor, wir sollten zwei bis drei der modernsten Kohlekraftwerke in Deutschland zu Forschungs kohlekraftwerken weiterentwickeln.
Und dann?
KUBAN Gibt es in Zukunft beste Technik made in Germany. Dann könnten wir weltweit deutsche Technik exportieren und die effizientesten Kraftwerke anbieten und hätten nicht die umweltschädlichsten Kraftwerke in anderen Teilen Europas und der Welt. Dann hätten wir nicht wieder eine Abwanderung von Know-how wie bei der Atomenergie. Wir wissen, dass wir die beste Technik in Deutschland haben. Andere werden uns das aber nur abnehmen, wenn wir selbst Forschungseinrichtungen längerfristig behalten. Klar ist aber auch: In Deutschland ist 2038 Schluss mit Kohle.
Gibt es beim Thema Klima etwas, was Sie gerne verbieten würden? KUBAN Ich will eine Innovationsagenda und keine Verbotsagenda. Dazu gehört aber auch Aufklärung, zum Beispiel für Lebensmittel. Vier Prozent der Lebensmittel aus Übersee sorgen für 60 Prozent der Transportwege. Wir sollten für Lebensmittel eine Co2-ampel schaffen. Die Avocado, die tausende von Kilometern aus Mittelamerika importiert wird, würde eine andere Kennzeichnung bekommen als der Apfel aus dem alten Land in Niedersachsen. Nichts verbieten, aber Einkaufen bewusster machen.