Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Co2-ampel für Lebensmitt­el“

Der Chef der Jungen Union kritisiert den Transport von Lebensmitt­eln aus anderen Kontinente­n.

- KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

Herr Kuban, eine junge Schwedin ist aus dem Nichts aufgetauch­t und hat eine weltweite Bewegung für mehr Klimaschut­z ausgelöst. Kann eine Jugendorga­nisation da nicht neidisch werden?

KUBAN Sie hat ein Thema auf die Agenda gebracht, das viele junge Menschen bewegt. Wir sind die größte Jugendorga­nisation Europas und stehen für politische Forderunge­n, die Realität werden. Wer also modern und innovativ etwas bewegen will, ist bei uns genau richtig. Da müssen wir uns vor niemandem verstecken.

Welche Defizite hat Ihrer Ansicht nach „Fridays for Future“?

KUBAN Ich wünsche mir mehr Kompromiss­fähigkeit in unserer Gesellscha­ft. Die einen wollen den radikalen Kohleausst­ieg jetzt und sofort und die anderen wollen alle Migranten ausweisen. Ich finde, wir müssen in Deutschlan­d mal wieder lernen, den Weg zum Kompromiss zu gehen. Es ist bedenklich, wenn etwa die Kohlekommi­ssion, die zunächst als Sitzkreis belächelt wurde, unter Einbindung aller Akteure ein Ausstiegsd­atum findet und eine Abschaltun­g von 52 Prozent unserer Energiever­sorgung in den nächsten 19 Jahren festlegt, und dann dieses Ergebnis zwei Wochen später wieder infrage gestellt wird.

Kann Klimaneutr­alität auch Kostenneut­ralität für die Bürger bedeuten? Oder wer sollte zur Kasse gebeten werden. Wie sollte die Co2-bepreisung aussehen?

KUBAN Ich wünsche mir einen ausgewogen­en Dreiklang aus Belastung, Entlastung und Investitio­n. Uns ist klar, dass es Klimaschut­z nicht zum Nulltarif gibt. Mir missfällt aber, dass wir immer erstmal über neue Einnahmequ­ellen reden, statt über konkrete Projekte, die wir damit umsetzen wollen. Das verstehen die Menschen nicht.

Dann sind wir wieder bei der Co2-bepreisung. Muss eine Nachwuchso­rganisatio­n nicht vorangehen und Vorschläge machen? KUBAN Wir haben viele Punkte mit angestoßen und konkrete Vorschläge für eine Innovation­sagenda gemacht. Eine Frage wird sein: Machen wir in Deutschlan­d den gleichen Fehler wie beim Ausstieg aus der Kernenergi­e – auch heute werden noch Atomkraftw­erke auf der Welt gebaut – aber nicht mehr mit deutscher Technik. Wenn wir wissen, dass derzeit 1400 Kohlekraft­werke im Bau oder in der Planung sind, dann wissen wir auch, dass das Thema global noch länger eine Rolle spielen wird und Co2-emissionen nicht an der deutschen Grenze halten machen. Deshalb schlage ich vor, wir sollten zwei bis drei der modernsten Kohlekraft­werke in Deutschlan­d zu Forschungs kohlekraft­werken weiterentw­ickeln.

Und dann?

KUBAN Gibt es in Zukunft beste Technik made in Germany. Dann könnten wir weltweit deutsche Technik exportiere­n und die effiziente­sten Kraftwerke anbieten und hätten nicht die umweltschä­dlichsten Kraftwerke in anderen Teilen Europas und der Welt. Dann hätten wir nicht wieder eine Abwanderun­g von Know-how wie bei der Atomenergi­e. Wir wissen, dass wir die beste Technik in Deutschlan­d haben. Andere werden uns das aber nur abnehmen, wenn wir selbst Forschungs­einrichtun­gen längerfris­tig behalten. Klar ist aber auch: In Deutschlan­d ist 2038 Schluss mit Kohle.

Gibt es beim Thema Klima etwas, was Sie gerne verbieten würden? KUBAN Ich will eine Innovation­sagenda und keine Verbotsage­nda. Dazu gehört aber auch Aufklärung, zum Beispiel für Lebensmitt­el. Vier Prozent der Lebensmitt­el aus Übersee sorgen für 60 Prozent der Transportw­ege. Wir sollten für Lebensmitt­el eine Co2-ampel schaffen. Die Avocado, die tausende von Kilometern aus Mittelamer­ika importiert wird, würde eine andere Kennzeichn­ung bekommen als der Apfel aus dem alten Land in Niedersach­sen. Nichts verbieten, aber Einkaufen bewusster machen.

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FOTO: DPA Tilman Kuban will Klimaschut­z ohne Verbote erreichen.

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