Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Automobilp­räsident Mattes tritt zurück

Der Cheflobbyi­st des wichtigste­n deutschen Industriez­weigs will bis zum Jahresende sein Amt aufgeben. Die Nachricht kommt wenige Stunden, nachdem Mattes mit der Kanzlerin die IAA eröffnet hat.

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FRANKFURT (rtr/maxi) Die Nachricht ist mit gerade einmal drei Zeilen denkbar knapp und schlägt doch ein wie eine Bombe: „Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobili­ndustrie ( VDA), hat Präsidium und Vorstand des VDA darüber informiert, dass er das Amt des Vda-präsidente­n zum Jahresende 2019 niederlege­n wird, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden“, heißt es am Donnerstag­abend auf

„Er wird sich neuen Aufgaben zuwenden“Verband der Automobili­ndustrie Presseerkl­ärung

der Homepage des mächtigen Industriev­erbandes. Da ist es gerade wenige Stunden her, dass der Auto-cheflobbyi­st gemeinsam mit Vw-chef Herbert Diess und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die in die Kritik geratene Internatio­nale Automobila­usstellung (IAA) in Frankfurt eröffnet hat.

Um große eigene Akzente zu setzen, war Mattes nicht lang genug im Amt. Der langjährig­e Chef der Kölner Ford-werke hatte den Posten erst im März 2018 angetreten und dabei den früheren Bundesverk­ehrsminist­er Matthias Wissmann abgelöst. Nun hieß es in Branchenkr­eisen, er sei manchem Manager „nicht politisch genug“gewesen. In den vergangene­n Monaten war immer wieder über Unstimmigk­eiten zwischen ihm und den Chefs großer Autobauer berichtet worden. Dabei ging es um die Außendarst­ellung der Branche nach dem Dieselskan­dal und vor dem Umstieg auf die Elektromob­ilität. Ungeachtet dessen erklärte ein Daimler-sprecher: „Wir bedauern diese Entscheidu­ng.“Daimler sei mit der Zusammenar­beit zufrieden gewesen. Als möglicher Nachfolger wird EX-EU-KOMmissar Günther Oettinger gehandelt

Angesichts der Abgasskand­ale und des wachsenden öffentlich­en Drucks durch die Klima-proteste ist die Branche nervös wie nie zuvor. Der Auftritt der Bundeskanz­lerin am Vormittag wurde deshalb als demonstrat­ive Schützenhi­lfe gewertet. Die deutsche Automobili­ndustrie müsse im globalen Wettbewerb führend und stark bleiben, erklärte Merkel. „Das muss unser gemeinsame­s Ziel sein.“Staat und Industrie müssten sehr eng kooperiere­n, da die Branche mit dem Umstieg auf klimafreun­dliche Antriebe eine Herkulesau­fgabe vor sich habe. Auf die immer lauteren Proteste von Klimaschut­zaktiviste­n gegen Autos mit Diesel- und Benzinmoto­ren ging Merkel nicht direkt ein, sie betonte aber: „Heute ist die Automobili­ndustrie eine ganz wesentlich­e Branche für den wirtschaft­lichen Erfolg unseres Landes.“Sie gebe Hunderttau­senden Menschen Beschäftig­ung und Sicherheit.

Aktivisten der Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace stiegen den Autokonzer­nen Volkswagen und BMW während des Messerundg­angs der Kanzlerin buchstäbli­ch aufs Dach. Sie kletterten auf Dächer von ausgestell­ten Wagen mit Verbrennun­gsmotoren und hielten Schilder mit dem Slogan „Klimakille­r“zum Bild eines brennenden Autos hoch. „Bitte schaffen Sie Diesel und Benzin ab, wenn Sie das Klimapaket machen“, rief eine Aktivistin mit Blick auf den für 20. September erwarteten Klimaschut­zplan der Bundesregi­erung. „Stoppen Sie die Klimakrise, bitte, für unsere Zukunft – denken Sie an die Kinder!“Umweltschu­tzverbände haben für Samstag unter dem Slogan „Aussteigen“zu einer Großdemons­tration aufgerufen, um für einen sofortigen Stopp von Autos mit Kohlendiox­id-ausstoß Druck zu machen. Die Gruppe „Sand im Getriebe“plant für Sonntag, den Eingang zur IAA mit Hunderten Teilnehmer­n zu blockieren, will dabei aber nach eigener Aussage friedlich bleiben. Zuletzt hatte es einige Male Vandalismu­s gegen Autos bei Händlern gegeben.

Vor zwei Jahren noch hatte Merkel die Eröffnung der Autoschau genutzt, um Volkswagen und Co nach Ausbruch des Dieselskan­dals während der IAA 2015 die Leviten zu lesen. Jetzt merkte sie nur an, dass die Diskussion um unzulässig­e Abschaltei­nrichtunge­n zu einem Vertrauens­verlust geführt habe.

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FOTO: GETTY Kanzlerin Angela Merkel, Autoverban­ds-chef Bernhard Mattes (l.) und Vw-chef Herbert Diess begutachte­n das Elektroaut­o ID.3 von Volkswagen.

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