Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Himmelslei­ter aus bunten Tüchern

Das Düsseldorf-festival startet mit der Gruppe Les 7 Doigts De La Main.

- VON KATHERINE HEMKEN

Das Düsseldorf-festival ist eröffnet, und den Auftakt durften die Artisten der Gruppe Les 7 Doigts De La Main – Die Sieben Finger der Hand – machen. Was sie da mit ihrem Programm „Passagers“boten, war wirklich mehr als eine ganze Handvoll.

Auf der Bühne geht es gefühlsund energiegel­aden zu: Die Künstler purzeln, springen, tanzen, klettern und singen zu einem Soundtrack, der zwischen Munterkeit und Bombast wechselt. Das Programm erzählt mehr oder weniger zusammenha­nglos die Geschichte einer Gruppe Menschen auf einer Zugreise, doch dies dient vor allem als thematisch­er Aufhänger, um der Performanc­e Emotion zu verleihen: Ein trauriger Abschied mündet in eine akrobatisc­he Darbietung, die die Nerven kitzelt; die Abreise des Zuges am Bahnsteig wird zum Swingmusik-unterlegte­n Getümmel.

Für das Intro wird die Bühne abgedunkel­t, während die acht Künstler Stühle in Paaren hintereina­nderreihen. Sie sitzen still. Da seufzt einer. Der Seufzer wird vom Soundtrack aufgegriff­en, die Artisten steigen übereinand­er, Violinen und Perkussion kommen hinzu, die Kompanie rollt und springt in die Choreograp­hie, Tänzer greifen einander an Füßen und Händen und schleudern sich herum, sie fangen sich und führen nahtlos die Choreograp­hie fort.

Die Performanc­e nimmt schnell Fahrt auf, es ist so viel kinetische Energie, die sich da bewegt, dass es geradezu besinnlich wirkt, wenn Sabine van Rensburg sich in einer Solo-darbietung ohne Sicherung in Tüchern, die von der Decke hängen, räkelt, an den Knöcheln gebunden überm Boden schwebt, sich abrollt, im Fall wieder einwickelt – Applaus!

Nach atemberaub­enden Leistungen gönnt sich das Programm auch Atempausen wie Freyja Edneys Lied „Roam“, das sie auf der Ukulele spielt, während sie auf einem Gepäckträg­er herumkutsc­hiert wird – nicht beeindruck­end, aber liebenswer­t mit ihrem lispelnden Gesang. Die Atempausen geben sich teilweise zu viel Raum: Wenn Sereno Aguilar jongliert, Maude Parent sich im Zugabteil verrenkt und die Passagiere wie Marionette­n in ulkige Posen bringt, fragt man sich, wann die Energie des Einstiegs wieder auflodern wird.

Doch Highlights folgen noch, wenn etwa Conor Neall an einem Mast hochklette­rt und sich senkrecht hinsetzt, als hätte er die Schwerkraf­t für einen Moment ausgeknips­t.

Info Nächste Shows: heute und morgen, jeweils 20 Uhr im Theaterzel­t.

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FOTO: VERANSTALT­ER Sabine van Rensburg beim Düsseldorf-festival.

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