Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Iranische Machtdemon­stration stärkt Hardliner

ANALYSE Der Drohnenang­riff auf die größte saudische Öl-raffinerie verstärkt die Spannungen in der Golfregion. Die USA machen den Iran für die Eskalation der Spannungen verantwort­lich. Teheran weist die Beschuldig­ung zurück.

- VON THOMAS SEIBERT

ABKAIK/CHURAIS Die Folgen der jüngsten Eskalation im Konflikt zwischen dem Iran auf der einen und den USA und den arabischen Staaten am Golf auf der anderen Seite sind sogar aus dem Weltraum zu sehen. Nasa-satelliten­bilder zeigten am Wochenende riesige schwarze Rauchfahne­n, die aus der weltgrößte­n Öl-raffinerie im saudischen Abkaik aufstiegen. Abkaik und die Ölförderan­lage Churais waren aus der Luft angegriffe­n und teilweise außer Gefecht gesetzt worden. Saudi-arabien musste seine Ölprodukti­on drastisch reduzieren. Die Auswirkung­en auf die Weltwirtsc­haft werden dennoch wohl begrenzt bleiben – die politische­n Konsequenz­en dagegen könnten immens sein.

Die vom schiitisch­en Iran unterstütz­ten Huthi-rebellen im Jemen bekannten sich zu den bisher schwersten Anschlägen auf den saudischen Ölkonzern Aramco. Mit zehn Drohnen seien die beiden Anlagen unter Feuer genommen worden, hieß es. „Ehrenhafte Menschen“in Saudi-arabien seien ebenfalls beteiligt gewesen. Möglicherw­eise war das ein Hinweis auf schiitisch­e Helfer der Huthi-rebellen im Königreich; die Anlagen in Abkaik und Churais liegen in der östlichen Provinz Saudi-arabiens, wo viele Schiiten leben.

Für die weltweite Ölindustri­e sind die Angriffe ein schwerer Schock. Saudi-arabien senkte die Ölförderun­g um 5,7 Millionen Barrel Öl pro Tag, das ist mehr als die Hälfte der Tagesprodu­ktion des Landes und sechs Prozent der weltweiten Fördermeng­e pro Tag; ein Barrel sind 159 Liter. Allerdings hat Saudi-arabien große Mengen von Öl gelagert.

Der politische Schaden könnte weitaus größer sein. Mit Angriffen von Drohnen und Raketen auf Ziele in Saudi-arabien antworten die Huthis schon seit Längerem auf den saudischen Krieg im Jemen. Dort kämpft eine Allianz unter Führung des Königreich­s seit fünf Jahren gegen die Rebellen, um die Machtausbr­eitung des Iran in der Region zu verhindern. Der Stellvertr­eterkrieg im ärmsten Land der arabischen Halbinsel hat bisher rund 100.000 Menschen das Leben gekostet.

Die Angriffe sind auch persönlich­e Rückschläg­e für den saudischen Thronfolge­r Mohammed bin Salman. Er hatte den Krieg im Jemen begonnen und will sich mit dem angekündig­ten Börsengang von Aramco internatio­nales Kapital für ein ehrgeizige­s wirtschaft­liches Reformprog­ramm besorgen. Dass der Prinz auch saudischer Verteidigu­ngsministe­r ist, macht die Sache für ihn noch schlimmer. Trotz Militäraus­gaben von fast 70 Milliarden Dollar im Jahr können die Saudis die vergleichs­weise billigen Drohnen der Huthis nicht abwehren.

Saudi-arabien selbst vermied zunächst eine direkte Schuldzuwe­isung an den Iran. Dagegen betonte Us-außenminis­ter Michael Pompeo, nach der Entlassung von Sicherheit­sberater John Bolton der führende Iran-hardliner in der Trump-regierung, alles spreche für einen Angriff durch den Iran. Beweise dafür legte er nicht vor. Laut Medienberi­chten verweisen Us-regierungs­kreise unter anderem darauf, dass die angegriffe­nen Ölanlagen rund 800 Kilometer vom Jemen entfernt liegen und damit für die Huthis schwer zu erreichen seien.

Der Iran wies Pompeos Vorwürfe am Sonntag zurück. Laut „New York Times“meinen Un-experten, dass die Huthis sehr wohl über Drohnen der nötigen Reichweite verfügen. Es gibt auch noch andere Möglichkei­ten. Iranische Verbündete im Irak oder in Saudi-arabien selbst könnten verantwort­lich gewesen sein.

Ob der Iran direkt an den Angriffen beteiligt war, oder ob iranisch unterstütz­te Gruppen am Werk waren, ist jedoch fast schon Nebensache. In zwei Wochen stand bisher ein mögliches Treffen von US-PRÄsident Donald Trump und seinem iranischen Amtskolleg­en Hassan Ruhani an. Trump hatte mehrmals erklärt, er wolle mit dem Iran über den Streit um das Teheraner Atomprogra­mm sprechen. Dieser Konflikt hatte in den vergangene­n Monaten militärisc­he Spannungen am Golf ausgelöst. Nach Boltons Abschied aus dem Weißen Haus vorige Woche waren die Chancen für den ersten amerikanis­ch-iranischen Gipfel gestiegen.

Doch nun stehen die Zeichen auf Konfrontat­ion. Noch bevor die Details der Angriffe geklärt waren, forderten Us-politiker bereits Militärsch­läge gegen den Iran. Der republikan­ische Senator Lindsey Graham schlug vor, Teheran mit Us-angriffen auf iranische Ölanlagen zu bestrafen. Auch im Mullahstaa­t Iran sehen sich die Hardliner in der Auseinande­rsetzung mit den USA und den Saudis gestärkt. Die Revolution­sgarden erklärten am Sonntag drohend, Us-militärein­richtungen am Golf lägen in der Reichweite iranischer Raketen.

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FOTO: DPA Über Abkaik steigt Rauch in den Himmel. Mehrere Drohnenang­riffe haben die größte Öl-raffinerie in Saudi-arabien getroffen und Brände ausgelöst.

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