Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Was Bayer Leverkusen zum Top-team fehlt

Der Werksklub bekommt beim 0:4 im Spitzenspi­el bei Borussia Dortmund die Grenzen aufgezeigt.

- VON SEBASTIAN BERGMANN

DORTMUND Wer vom Spielertun­nel in Dortmund zur Pressekonf­erenz möchte, kommt nicht daran vorbei. Über der Ausgangstü­r in den Katakomben des Stadions hängt ein Flachbildf­ernseher, auf dem per Videotext die aktuelle Bundesliga-tabelle eingeblend­et wird. Auch Peter Bosz verharrte nach der Pleite seiner Werkself beim BVB für einige Sekunden vor eben jenem Bildschirm. Und was er darauf sah, gefiel ihm nicht. Durch ein verdientes 4:0 hatte Dortmund seine Leverkusen­er überholt. „Wir haben zu viele Fehler gemacht“, sagte der Niederländ­er. „Am Ende waren wir keine Mannschaft mehr, da waren wir viel zu offen.“

Deutliche Worte nach der ersten Saisonnied­erlage fanden auch die Bender-zwillinge Lars und Sven, die zunächst auf dem Rasen und anschließe­nd auf dem Weg zur Gästekabin­e ihrem Ärger über das verlorene Spitzenspi­el lautstark Luft machten. „Uns tun Niederlage­n weh. Wir können das auch nicht einfach akzeptiere­n“, betonte Lars Bender. Man könne verlieren, „aber nicht so“, bekräftigt­e der Kapitän. „Mein Bruder und ich sind so aufgewachs­en, uns auch mal gegenseiti­g verbal die Schnauze einzuschla­gen. Fünf Minuten später ist das vergessen.“

Auch ihm missfiel die Art und Weise, wie sich der Werksklub in der Schlusspha­se präsentier­te. In der veredelten die Hausherren den durch Paco Alcacer (28.) und Marco Reus (50.) eingeleite­ten Sieg durch weitere Treffer von Raphael Guerreiro (83.) und Reus (90.). „Was hängen bleibt, sind die letzten zehn bis 15 Minuten. Da sind wir ein bisschen zerfallen“, sagte Lars Bender.

Sein zwölf Minuten jüngerer Bruder Sven bemängelte vor allem die „fehlende Cleverness“, die Bayer 04 bei seinem ehemaligen Arbeitgebe­r offenbarte und sich an einigen schlampig ausgespiel­ten Kontern sowie naiven Verteidigu­ngsmustern festmachen ließ. „Es gibt genug Sachen, die wir besser machen können und müssen“, sagte der Innenverte­idiger.

Die Statistik des Werksklubs liest sich auf den ersten Blick gar nicht schlecht: Ein deutliches Plus beim Ballbesitz (66 Prozent), mehr Torschüsse (12:9) sowie eine bessere Zweikampfq­uote (53 Prozent) spiegeln die wahren Kräfteverh­ältnisse allerdings nur bedingt wider. Denn die von Lucien Favre trainierte­n Dortmunder, die sich im Vergleich zum 1:3 zuletzt bei Aufsteiger Union Berlin stark verbessert zeigten, erspielten sich weitaus mehr klare Torchancen und nutzten diese auch konsequent­er. „Der Knackpunkt lag definitiv im letzten Angriffsdr­ittel. Das, was uns gegen Union gefehlt hat, nämlich die Chancen zu nutzen, das haben wir nun hervorrage­nd gemacht“, sagte der Neu-borusse und Ex-leverkusen­er Julian Brandt.

Um auf Dauer als Top-team in der Liga anerkannt zu werden, darf sich Bayer Leverkusen keine Partien mehr wie die in Dortmund erlauben. Der Werkself fehlte es an Effizienz, Abwehrbere­itschaft und Kreativitä­t. Sich auf konstant herausrage­nde Leistungen des 20-jährigen Kai Havertz zu verlassen, der in der ersten Halbzeit vom starken Thomas Daleney an die Kette gelegt wurde und komplett neben sich stand, kann keine Lösung sein.

Während sich Bosz bis zum Auftakt in der Champions League am Mittwoch gegen Lokomotive Moskau (21 Uhr) also etwas einfallen lassen muss, geht der BVB gestärkt ins Duell mit dem FC Barcelona (Dienstag, 21 Uhr).

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FOTO: DPA Unter Druck: Marco Reus (re.) attackiert Jonathan Tah.

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