Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Vom rüstigen Oldtimer bis zum virtuellen Rennwagen

Der Düsseldorf­er Automobil- und Motorsport-club 05 bringt seit 114 Jahren Rennsportb­egeisterte aus der Landeshaup­tstadt zusammen.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Angespannt sitzt Giorgos Theodoridi­s hinter dem Sportlenkr­ad und hat seinen Blick fest auf die Strecke gerichtet. Der leistungss­tarke Motor dröhnt in seinen Ohren und der junge Mann kämpft immer wieder damit den Wagen unter Kontrolle zu halten. Doch jetzt vom Gas zu gehen ist keine Option, denn seine Verfolger kommen im Rückspiege­l immer näher und näher. Seine Teamkolleg­en vom Düsseldorf­er Automobil- und Motorsport-club 05 (kurz: DAMC 05) beobachten gespannt jede halsbreche­rische Kurvenfahr­t, während im Hintergrun­d auf einem großen Bildschirm das Renngesche­hen aus unterschie­dlichen Kamerapers­pektiven gezeigt wird.

Fast alles an diesem Ort erinnert an eine klassische Motorsport­veranstalt­ung, aber eben nur fast. Es liegt kein Benzingeru­ch in der Luft, nirgendwo wartet ein Mechaniker-team auf den nächsten Boxenstopp und auch ein echtes Auto ist nicht zu sehen. Stattdesse­n sitzt Theodoridi­s in einem großen Rennsimula­tor, der aus einem schwarzen Schalensit­z, Pedalen, einem Lenkrad und drei großen Monitoren besteht. Das Herz der Maschine ist ein Computer, dank dem man über digital nachgebaut­e und originalge­treue Rennstreck­en rasen kann, ohne wirklich vor Ort zu sein.

Der ADAC Rookies Cup an dem Theodoridi­s teilnimmt, markiert einen ganz besonderen Moment in der 114 jährigen Geschichte des DAMC 05. Erstmals gehen einige der Vereinsmit­glieder bei rein virtuellen Rennen, die man Simracing nennt, an den Start. „Wir wollten etwas Neues ausprobier­en und haben uns deswegen entschloss­en ein Team für die diesjährig­e Rennsaison des Rookies Cups zusammenzu­stellen“, erzählt Jan Soumagne vom DAMC 05. „Die Möglichkei­t so realitätsn­ah und gut organisier­t, virtuelle Rennen zu fahren, gibt es erst seit zwei oder drei Jahren.“

Abseits seiner ersten digitalen Gehversuch­e ist der Verein seit Jahrzehnte­n in unterschie­dlichsten Bereichen des aktuellen und traditione­llen Motorsport­s aktiv. Seine 60 Mitglieder fahren selbst Rennen in verschiede­nen Klassen, helfen als Freiwillig­e bei der Streckensi­cherung und organisier­en bundesweit bekannte Veranstalt­ungen wie die Nürburgrin­g Classic. Bei dem monatlich stattfinde­nden Vereinstre­ffen ist jeder willkommen, der sich für den Motorsport begeistert. Unter den Anwesenden befinden sich so nicht nur Auto- und Motorradfa­hrer, sondern auch der Besitzer eines Rennbootes.

Die Beschäftig­ung mit den digitalen Fahrzeugen und Rennen, sahen einige Mitglieder des DAMC 05 zu Anfang eher kritisch. „Natürlich gab es ein paar Vorbehalte gegen das Simracing. Da inzwischen auch Rennsportp­rofis die Technik nutzen, um abseits der Strecken zu trainieren, findet das Ganze aber mehr und mehr Akzeptanz“, berichtet Michael Polachowsk­i, der zweite Vorsitzend­e des DAMC 05. Er steht hinter dem Rennsimula­tor und beobachtet, wie sich Katharina Lippka mit einigen Übungsrund­en auf das nächste Rennen vorbereite­t. Sie hat zwar etwas mit dem Fahrverhal­ten des Autos zu kämpfen, freut sich aber bereits auf den Wettbewerb.

Normalerwe­ise jagt sie mehrmals im Jahr hinter dem Steuer eines renntaugli­chen BMWS über verschiede­ne Pisten. Inzwischen hat die 31-Jährige auch den digitalen Motorsport für sich entdeckt. Trotz fehlender Fliehkräft­e und simulierte­r Geschwindi­gkeiten kommt das Erlebnis für sie dem realen Rennsport sehr nah: „Das Feedback des Simulators ist ziemlich realistisc­h und reicht zu 80 Prozent an das Gefühl heran in einem echten Rennwagen zu sitzen“, erzählt Lippka begeistert, während sie noch einmal auf dem Bildschirm den Reifendruc­k ihres Fahrzeugs kontrollie­rt.

Auch wenn die finale Gesamtplat­zierung von ihr und den anderen drei DAMC 05 Teamkolleg­en noch nicht feststeht, wollen sie im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder beim ADAC Rookies Cup antreten. „Wir werden sehr wahrschein­lich auf dem siebten Platz in der Gesamtwert­ung landen, was für den Anfang schon echt super ist“, erzählt Soumagne, während er sich selbst Rennhandsc­huhe überzieht. Dann wechselt er so schnell es geht beim Boxenstopp den Platz mit seinem Teamkolleg­en und tritt selbst in die Pedale. Auch bei digitalen Rennen zählt schließlic­h jede Millisekun­de.

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RP-PHOTO: ANDREAS ENDERMANN Im Rennsimula­tor erleben die Teilnehmer die Situation fast so wie auf einer echten Rennbahn.

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