Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Freunde erinnern an toten Sportler
Vor zehn Tagen kollabierte Stephen T. (39) beim Halbmarathon. Nun erinnern die Hinterbliebenen mit einer besonderen Geste an ihn.
Beim Halbmarathon vor zehn Tagen kollabierte ein Düsseldorfer. Die Hinterbliebenen haben jetzt einen Baum zu seinen Ehren geschmückt.
Stephen T. hatte eine Bucket List – eine Liste der Dinge, die er vor seinem Tod unbedingt getan haben wollte. Einmal im Leben wollte er seine Mutter mit einem Helikopter irgendwo abholen. Er wollte vier Sprachen lernen. Er wollte vom Balkon des Papstes im Vatikan herunterwinken. „Ich habe niemals jemanden getroffen, der so viel aus seinem Leben gemacht hat wie Stephen“, sagt Simon Lord, T.s Freund und Geschäftspartner. „Da standen bestimmt 20 Sachen auf der Liste. Und ganz unten stand: Ich will einmal am Tag eine Person positiv beeinflussen.“
Stephen T. und Simon Lord betrieben zusammen ein Geschäft für Verdampfer und E-liquids. Zuletzt beschäftigten sie 20 Angestellte. Nun ist Stephen T. tot. Vor zehn Tagen kollabierte er auf den letzten Kilometern des Halbmarathons beim Kö-lauf. Eine Rettungsdienstbesatzung reanimierte ihn vor Ort. Doch er starb im Krankenhaus, offenbar an einer Lungenembolie. Der Schock war groß – für die Teilnehmer des Marathons, die Zuschauer, die später davon erfuhren, aber besonders für Stephens Familie und Freunde. Fast wäre T. gar nicht mitgelaufen, sondern beruflich in die Schweiz gereist. „Aber er wollte unbedingt den Halbmarathon laufen“, erzählt Lord. „Also haben wir getauscht.“
„Stephen war sportlich“, sagt seine Frau Eva (38). „Er hat sich immer herausgefordert.“Vier Marathons sei er schon gelaufen, zwei davon in Düsseldorf. Der Lauf am 8. September war sein erster Halbmarathon.
Am nächsten Dienstag wird Stephen T. in England bestattet. „Aber ich fand, wir sollten auch hier etwas machen“, sagt Lord. Er kaufte Blumensträuße und Kränze. Und er druckte Postkarten: ein Foto von Stephen, seine Lebensdaten und den Wunsch von Stephens Bucket List: Ich will einmal am Tag eine Person positiv beeinflussen. „Das hast du, mein Freund...“, schrieb Lord darunter. „Das kannst du von der Liste streichen.“Dann lud er am Samstag Stephens Freunde in das Geschäft der beiden in der Altstadt ein.
„Am Ende war es eine richtige Prozession“, erzählt Simon. „Eva und ich sind mit dem Karton voller Blumen vorangegangen, hinter uns all seine Freunde. Alle hatten eine Botschaft für Stephen auf die Karten geschrieben.“Ich kann nicht glauben, dass du fort bist. Wir müssen akzeptieren, dass wir dich nie mehr lächeln sehen werden. Du warst ein toller Mensch. Hätte so gern heute mit dir Fußball geschaut. Wir trinken ein Bier auf dich!
Dort, wo Stephen starb – an der Ecke Oederallee/hofgartenrampe – machte die Prozession halt. Seine Freunde legten die Kränze an einer Kastanie nieder, zündeten Grablichter an. „Und dann fingen sie an, die Karten in den Baum zu hängen“, sagt Simon. Eigentlich hatte er sie Stephens Mutter übergeben wollen. „Aber dann dachte ich: Okay, das ist auch schön.“
Stephen sei ein unfassbar offener Mensch gewesen, lebenslustig, lebensbejahend, sagt seine Frau Eva. „Er wollte immer, dass alle erfolgreich sind.“Stundenlang hätten seine Freunde gemeinsam am Baum gesessen und geredet, erzählt Lord. Menschen aus Australien, Großbritannien, Deutschland. Hätte Stephen diese Art der Trauer gefallen? „Er hätte die Aufmerksamkeit geliebt“, sagt seine Frau. Stephen mochte es, neue Leute kennenzulernen und sie zusammenzubringen. Die Zeremonie am Hofgarten – sie hätte ihm sicher gefallen.