Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
München im Wiesn-rausch
Rolltreppen fahren schneller, viele Besucher tragen Tracht und einige sind ziemlich betrunken – Samstag beginnt das Oktoberfest. An die sechs Millionen Gäste werden erwartet. Unter ihnen könnte ein besonders Prominenter sein.
MÜNCHEN (dpa) In den Schaufenstern dominieren Dirndl und Lederhosen, in Supermärkten stehen Paletten voller Wiesnbier: München bereitet sich auf das Oktoberfest vor. Am Samstag heißt es wieder O‘zapft is. An die sechs Millionen Besucher werden bis 6. Oktober zum größten Volksfest der Welt erwartet – vielleicht auch mehr: Die Reservierungen laufen sehr gut, heißt es.
Wer kommt? Zahlreiche Prominente aus Sport und Showbusiness werden sich dann wieder in Tracht oder trachtenähnlichen Outfits den Fotografen präsentieren. Spekuliert wird in diesem Jahr auch über einen besonderen Besuch: Barack Obama spricht am 29. September beim Start-up-festival „Bits & Pretzels“in München – da wäre es nur ein Katzensprung zur Theresienwiese. 2016 hatte er angekündigt, das Oktoberfest nach Ende seiner Amtszeit besuchen zu wollen. „Wahrscheinlich macht es mehr Spaß, wenn ich kein Präsident mehr bin“, sagte er damals. Im vergangenen Jahr waren überraschend schon die Clintons auf der Wiesn aufgetaucht. Mit oder ohne Promis – die Stadt wird voll. Hotels sind ausgebucht,
Wie man zur Wiesn kommt U-bahnen zum Festgelände fahren im Sondertakt. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) schaltet teils sogar die Rolltreppen am U-bahnhof Theresienwiese schneller: Zur Stoßzeit beschleunigen sie auf 0,68 Meter pro Sekunde. Damit werden in Spitzenzeiten bis zu 12.500 Menschen pro Stunde Richtung Festgelände befördert. Wer glaubt, mit dem E-tretroller besser voranzukommen, irrt. Für die Elektro-scooter gelten dieselben weiträumigen Straßensperrungen rund ums Festgelände wie für Autos – und in den Abendstunden können sie in einem noch weiteren Umfeld nicht ausgeliehen und teils auch nicht abgestellt werden.
Was verboten ist Über dem Festgelände herrscht Überflugverbot für Drohnen. Aus Sicherheitsgründen sind zudem große Taschen auf dem Gelände tabu, an den Eingängen wird kontrolliert. Vorglühen vor dem Anstich am Samstag ist schwierig: Glasflaschen dürfen nicht aufs Gelände. Früher rückten Besucher teils mit ganzen Bierkästen an, um die Zeit zu überbrücken. Denn Bier gibt es offiziell erst, wenn Oberbürgermeister Dieter Reiter um 12 Uhr das erste Fass angezapft hat.
Was die Maß kostet Erstmals leitet der Csu-politiker Clemens Baumgärtner das Fest als Wiesnchef. Ihn ärgert die Debatte um angeblich hohe und zu hohe Preise. „Ich will weg von der Preisdiskussion hin zum Fokus auf Qualität. Man wird kaum irgendwo höherwertige Ware bekommen als auf der Wiesn.“Der Bierpreis liege im Wesentlichen nicht erheblich höher als in Gaststätten in der Münchner Innenstadt. Drei Prozent Erhöhung sei „noch akzeptabel“. Die Maß kostet bis zu 11,80 Euro, unter 10,80 Euro ist sie nicht zu haben.
Was neu ist Die Besucher erwarten eine ganze Reihe von Neuheiten: Eine virtuelle Zeitenreise durch Dino-welten und futuristische Städte, ein 90 Meter hohes Maibaum-kettenkarussell und – auf der gemütlicheren Oidn Wiesn – eine historische Bonbonmanufaktur. Nicht mehr dabei ist die Wildwasserbahn mit dem wenig wildromantischen Namen Meyer & Steiger. Sie wurde in die Wüste verkauft, an einen Freizeitpark in der arabischen Welt. Ersatz: Im „Poseidon“sind erstmals Boote zur feucht-fröhlichen Tour durch eine griechische Tempelruine unterwegs.
Braucht es die Tracht? Die Antwort lautet: Ganz klar nein. „Zug‘reiste“– wie Bayern Menschen bezeichnen, die nicht aus der Region stammen – und alle, die mit dieser Tradition wenig anfangen können, können auch gut und gerne in der üblichen Kleidung feiern. Auf dem Portal der Stadt München steht auch: „Wie man hört, ist auch noch niemand der Wiesn verwiesen worden, weil er in Zivil unterwegs war.“Wer einen Rechtfertigungsgrund für seinen freiwilligen Verzicht braucht: Vor den 2000er Jahren trugen sogar kaum Münchner Dirndl und Lederhose auf der Wiesn, in den 50er und 60er Jahren waren der Anzug und das Kostüm das Outfit der Wahl. Danach herrschte der Freizeitlook vor, der nach und nach mit Trachtenelementen vermischt wurde - bis zum großen heutigen Hype um Dirndl und Lederhose. Der Tipp fürs erste Mal: Trachtenbluse zur Jeans