Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Deutsche Bahn kippt Berater-praxis

Auf der Aufsichtsr­atssitzung beraten die Kontrolleu­re einen Bericht zu den umstritten­en Beraterver­trägen mit ehemaligen Vorständen und Politikern. Auch geht es um die Zukunft des Auslandsge­schäfts.

- VON MARTIN KESSLER UND MAXIMILIAN PLÜCK

BERLIN Die Deutsche Bahn kommt nicht zur Ruhe. Der Tag der mit Spannung erwarteten Aufsichtsr­atssitzung begann mit schlechten Nachrichte­n: In der Nacht hat ein Sturm über Norddeutsc­hland gewütet. 200 Reisende mussten in Hannover in einem gestrandet­en Zug kampieren. Der Zugverkehr war noch Stunden später gestört.

Irgendwie läuft und läuft es einfach nicht rund beim Staatskonz­ern. Denn zu den nicht zu verantwort­enden Störungen durch höhere Gewalt gesellen sich Probleme hinzu, die Eigner und Management sehr wohl zu verantwort­en haben. Etwa den Investitio­nsstau. Viele Fahrgäste klagen über Unpünktlic­hkeit, Stellwerke fallen aus, Brücken und Tunnel sind marode, der Güterverke­hr ist tief defizitär. „Es gibt kein Vertrauen in die Führung der Deutschen Bahn. In einem Dax-konzern wären die Topmanager Richard Lutz, Ronald Pofalla und Berthold Huber schon längst entlassen worden“, wettert der Fdp-bundestags­abgeordnet­e und Verkehrsex­perte Christian Jung.

Der Aufsichtsr­at hat diese Versäumnis­se und die jüngste harsche Kritik des Bundesrech­nungshof auf seiner Sitzung am Mittwoch intensiv diskutiert. Schon am Abend zuvor hatte Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) den Vorstand in sein Ministeriu­m beordert und ihm die Leviten gelesen. Sogar über eine mögliche Ablösung von Bahnchef Richard Lutz wurde im Zusammenha­ng mit dem Krisentref­fen bereits spekuliert. Das erwies sich freilich als voreilig

Doch der Druck auf Lutz, seinen Infrastruk­turvorstan­d Pofalla und Verkehrsvo­rstand Huber dürfte anhalten. Denn neben den Management­fehlern werden insbesonde­re Lutz und Huber vorgeworfe­n, Beraterver­träge mit dem früheren Bahn-vorstand Ulrich Homburg in sechsstell­iger Höhe abgeschlos­sen zu haben, ohne den Aufsichtsr­at zu informiere­n.

Einen entspreche­nden Bericht des Rechts- und Compliance-ausschusse­s hat der Aufsichtsr­at diskutiert. Darin wird Huber offenbar im Zusammenha­ng mit der Zahlung an Homburg rechtswidr­iges Verhalten vorgeworfe­n. Die Frage, ob Homburg für sein Geld Gegenleist­ungen erbracht hatte, wurde im Bericht dem Vernehmen nach freilich bejaht. Insgesamt untersucht­en die Experten der Unternehmu­ngsberatun­g EY und der Kanzlei Rittershau­s rund 30 Verträge, in 17 Fällen gab es keine Beanstandu­ngen. Der Konzern-aufsichtsr­at erklärte am Abend offiziell, er werde keinen der in seiner Zuständigk­eit liegenden Verträge nachträgli­ch genehmigen. Das gelte auch für Fälle bei Db-tochterges­ellschafte­n. In einem Fall wird der der Aufsichtsr­at rechtliche Schritte einleiten.

Zudem machte Chefkontro­lleur Michael Odenwald deutlich: „Für uns steht fest: Die Praxis der Vergangenh­eit wird abgestellt.“Konkret bedeutet das, dass ab sofort Beraterver­träge für frühere DB-MAnager grundsätzl­ich untersagt sein, ebenso entspreche­nde Verträge mit „Personen mit politisch exponierte­r Stellung“– also amtierende­n oder ausgeschie­denen Spitzenpol­itikern.

Auf Unwillen stieß bei alledem jedoch die Tatsache, dass der Vorstand zunächst nur einen 20-seitigen Bericht aus dem 600-seitigen Report der Unternehmu­ngsberatun­g herausdest­illierte und den ausführlic­hen Teil unter Verschluss hielt. Der Fdp-abgeordnet­e Jung fordert jetzt die Freigabe des Reports an die Mitglieder des Haushalts- und Verkehrsau­sschusses des Bundestags. „Die Bahn verweigert dem Parlament den detaillier­ten Bericht“, kritisiert Jung.

Dem Vernehmen nach ist man auch im Bundeskanz­leramt mit dem Vorgehen von Aufsichtsr­atschef Michael Odenwald nicht zufrieden. Amtschef Helge Braun ist es offensicht­lich leid, dass die Bahnführun­g nur mit Negativmel­dungen in der Öffentlich­keit ist. Und CSU-CHEF Markus Söder hält nach Auskunft von Insidern ebenfalls wenig vom Krisenmana­gement des CSU-VERkehrsmi­nisters Scheuer. „Ich möchte mehr positive Nachrichte­n von dir hören“, wird der bayerische Ministerpr­äsident zitiert.

 ?? FOTO: DEUTSCHE BAHN ?? DB Fernverkeh­r mit ICE 4 Baureihe 412 im „Das ist grün“– Design bei Rackwitz unterwegs
FOTO: DEUTSCHE BAHN DB Fernverkeh­r mit ICE 4 Baureihe 412 im „Das ist grün“– Design bei Rackwitz unterwegs

Newspapers in German

Newspapers from Germany