Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Deutsche Bahn kippt Berater-praxis
Auf der Aufsichtsratssitzung beraten die Kontrolleure einen Bericht zu den umstrittenen Beraterverträgen mit ehemaligen Vorständen und Politikern. Auch geht es um die Zukunft des Auslandsgeschäfts.
BERLIN Die Deutsche Bahn kommt nicht zur Ruhe. Der Tag der mit Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung begann mit schlechten Nachrichten: In der Nacht hat ein Sturm über Norddeutschland gewütet. 200 Reisende mussten in Hannover in einem gestrandeten Zug kampieren. Der Zugverkehr war noch Stunden später gestört.
Irgendwie läuft und läuft es einfach nicht rund beim Staatskonzern. Denn zu den nicht zu verantwortenden Störungen durch höhere Gewalt gesellen sich Probleme hinzu, die Eigner und Management sehr wohl zu verantworten haben. Etwa den Investitionsstau. Viele Fahrgäste klagen über Unpünktlichkeit, Stellwerke fallen aus, Brücken und Tunnel sind marode, der Güterverkehr ist tief defizitär. „Es gibt kein Vertrauen in die Führung der Deutschen Bahn. In einem Dax-konzern wären die Topmanager Richard Lutz, Ronald Pofalla und Berthold Huber schon längst entlassen worden“, wettert der Fdp-bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte Christian Jung.
Der Aufsichtsrat hat diese Versäumnisse und die jüngste harsche Kritik des Bundesrechnungshof auf seiner Sitzung am Mittwoch intensiv diskutiert. Schon am Abend zuvor hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Vorstand in sein Ministerium beordert und ihm die Leviten gelesen. Sogar über eine mögliche Ablösung von Bahnchef Richard Lutz wurde im Zusammenhang mit dem Krisentreffen bereits spekuliert. Das erwies sich freilich als voreilig
Doch der Druck auf Lutz, seinen Infrastrukturvorstand Pofalla und Verkehrsvorstand Huber dürfte anhalten. Denn neben den Managementfehlern werden insbesondere Lutz und Huber vorgeworfen, Beraterverträge mit dem früheren Bahn-vorstand Ulrich Homburg in sechsstelliger Höhe abgeschlossen zu haben, ohne den Aufsichtsrat zu informieren.
Einen entsprechenden Bericht des Rechts- und Compliance-ausschusses hat der Aufsichtsrat diskutiert. Darin wird Huber offenbar im Zusammenhang mit der Zahlung an Homburg rechtswidriges Verhalten vorgeworfen. Die Frage, ob Homburg für sein Geld Gegenleistungen erbracht hatte, wurde im Bericht dem Vernehmen nach freilich bejaht. Insgesamt untersuchten die Experten der Unternehmungsberatung EY und der Kanzlei Rittershaus rund 30 Verträge, in 17 Fällen gab es keine Beanstandungen. Der Konzern-aufsichtsrat erklärte am Abend offiziell, er werde keinen der in seiner Zuständigkeit liegenden Verträge nachträglich genehmigen. Das gelte auch für Fälle bei Db-tochtergesellschaften. In einem Fall wird der der Aufsichtsrat rechtliche Schritte einleiten.
Zudem machte Chefkontrolleur Michael Odenwald deutlich: „Für uns steht fest: Die Praxis der Vergangenheit wird abgestellt.“Konkret bedeutet das, dass ab sofort Beraterverträge für frühere DB-MAnager grundsätzlich untersagt sein, ebenso entsprechende Verträge mit „Personen mit politisch exponierter Stellung“– also amtierenden oder ausgeschiedenen Spitzenpolitikern.
Auf Unwillen stieß bei alledem jedoch die Tatsache, dass der Vorstand zunächst nur einen 20-seitigen Bericht aus dem 600-seitigen Report der Unternehmungsberatung herausdestillierte und den ausführlichen Teil unter Verschluss hielt. Der Fdp-abgeordnete Jung fordert jetzt die Freigabe des Reports an die Mitglieder des Haushalts- und Verkehrsausschusses des Bundestags. „Die Bahn verweigert dem Parlament den detaillierten Bericht“, kritisiert Jung.
Dem Vernehmen nach ist man auch im Bundeskanzleramt mit dem Vorgehen von Aufsichtsratschef Michael Odenwald nicht zufrieden. Amtschef Helge Braun ist es offensichtlich leid, dass die Bahnführung nur mit Negativmeldungen in der Öffentlichkeit ist. Und CSU-CHEF Markus Söder hält nach Auskunft von Insidern ebenfalls wenig vom Krisenmanagement des CSU-VERkehrsministers Scheuer. „Ich möchte mehr positive Nachrichten von dir hören“, wird der bayerische Ministerpräsident zitiert.