Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
21-Punkte-plan gegen Clans in NRW
Der Zwischenbericht der sogenannten Bosbach-kommission sieht mehr rechtliche Befugnisse für Polizei und Justiz vor. Ein Informationszentrum nach bayerischem Vorbild soll entstehen.
DÜSSELDORF Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Kampf gegen kriminelle Familienclans weiter verschärfen. Der noch unveröffentlichte 14-seitige Zwischenbericht der sogenannten Bosbach-kommission zur Bekämpfung der Clan-kriminalität, der unserer Redaktion vorliegt, regt an, Polizei und Justiz mit deutlich mehr Befugnissen auszustatten. Demnach soll der „rechtsstaatliche Werkzeugkasten“in personeller, technischer und rechtlicher Hinsicht erweitert werden. Bei der Clan-kriminalität komme es zu einem Wettlauf der Täter mit den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden. Dieser sei nur zu gewinnen, wenn man erweiterte technische und rechtliche Mittel zur Verfügung habe, urteilte die Kommission.
Das aus 16 Experten bestehende Gremium unter der Leitung des Cdu-politikers Wolfgang Bosbach, das Ende 2017 von der Landesregierung einberufen worden war, macht in seinem Zwischenbericht insgesamt 21 Vorschläge, um die Clan-kriminalität einzudämmen. Der Plan sieht zunächst eine bessere Zusammenarbeit aller beteiligter Behörden vor. Es sei unabdingbar, dass sich Polizei, Staatsanwaltschaft, Zoll und Steuerfahndung sowie die Ausländer- und Ordnungsbehörden noch schneller austauschten. Entsprechend sollte ein sogenanntes Strategisches Informationszentrum wie in Bayern gegründet werden, in dem gemischte Teams aus Polizisten und Wissenschaftlern zusammenarbeiten könnten. In größeren Polizeibehörden sollten zudem spezialisierte Kommissariate eingerichtet werden.
In NRW gibt es laut Landeskriminalamt rund 100 kriminelle Familienclans. Essen ist die Stadt mit den meisten kriminellen Clan-angehörigen, gefolgt von Duisburg, Gelsenkirchen und Recklinghausen. Aber auch der Raum Mettmann ist betroffen. Laut Lagebild haben Clan-mitglieder in den vergangenen drei Jahren rund 14.200 Straftaten in NRW begangen.
Auffällig ist, dass 36 Prozent der Tatverdächtigen deutsche Staatsbürger sind. Darauf geht auch die Bosbach-kommission in ihrem Bericht ein. Viele Mitglieder der Clans seien längst deutsche Staatsbürger, so dass man sie nicht mehr abschieben könnte. „Gegen diejenigen Straftäter, die keine deutschen Staatsbürger sind, müssen die ausländerrechtlichen Maßnahmen allerdings konsequent ausgeschöpft werden“, fordern die Kommissionsmitglieder. Die Ausländerbehörden müssten dafür personell und materiell besser ausgestattet werden, und es müsse eine ausreichende Zahl an Abschiebehaftplätze geben, um Straftäter ohne deutsche Staatsbürgerschaft konsequent in ihre Heimat zurückschicken zu können. Auch müssten die abgeschotteten Clan-strukturen aufgebrochen werden, indem man versuche, gezielt die jüngere Generation der Clan-mitglieder zu integrieren und sie in Aussteigerprogramme zu holen.
Darüber hinaus regte die Kommission unter anderem regelmäßige Zusatzschulungen für Clan-ermittler an sowie eine intensivere Zusammenarbeit mit der Polizei in Nachbarstaaten, einen Ausbau der polizeilichen Datenbanken, mehr Observierungskräfte, eine bessere Ausstattung der mobilen Einsatzkommandos und mehr Befugnisse bei der Funkzellenauswertung, mit der sehr präzise der Aufenthaltsort eines Tatverdächtigen zur Tatzeit ermittelt werden kann.
Leitartikel