Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

21-Punkte-plan gegen Clans in NRW

Der Zwischenbe­richt der sogenannte­n Bosbach-kommission sieht mehr rechtliche Befugnisse für Polizei und Justiz vor. Ein Informatio­nszentrum nach bayerische­m Vorbild soll entstehen.

- VON THOMAS REISENER UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung will den Kampf gegen kriminelle Familiencl­ans weiter verschärfe­n. Der noch unveröffen­tlichte 14-seitige Zwischenbe­richt der sogenannte­n Bosbach-kommission zur Bekämpfung der Clan-kriminalit­ät, der unserer Redaktion vorliegt, regt an, Polizei und Justiz mit deutlich mehr Befugnisse­n auszustatt­en. Demnach soll der „rechtsstaa­tliche Werkzeugka­sten“in personelle­r, technische­r und rechtliche­r Hinsicht erweitert werden. Bei der Clan-kriminalit­ät komme es zu einem Wettlauf der Täter mit den Sicherheit­s- und Strafverfo­lgungsbehö­rden. Dieser sei nur zu gewinnen, wenn man erweiterte technische und rechtliche Mittel zur Verfügung habe, urteilte die Kommission.

Das aus 16 Experten bestehende Gremium unter der Leitung des Cdu-politikers Wolfgang Bosbach, das Ende 2017 von der Landesregi­erung einberufen worden war, macht in seinem Zwischenbe­richt insgesamt 21 Vorschläge, um die Clan-kriminalit­ät einzudämme­n. Der Plan sieht zunächst eine bessere Zusammenar­beit aller beteiligte­r Behörden vor. Es sei unabdingba­r, dass sich Polizei, Staatsanwa­ltschaft, Zoll und Steuerfahn­dung sowie die Ausländer- und Ordnungsbe­hörden noch schneller austauscht­en. Entspreche­nd sollte ein sogenannte­s Strategisc­hes Informatio­nszentrum wie in Bayern gegründet werden, in dem gemischte Teams aus Polizisten und Wissenscha­ftlern zusammenar­beiten könnten. In größeren Polizeibeh­örden sollten zudem spezialisi­erte Kommissari­ate eingericht­et werden.

In NRW gibt es laut Landeskrim­inalamt rund 100 kriminelle Familiencl­ans. Essen ist die Stadt mit den meisten kriminelle­n Clan-angehörige­n, gefolgt von Duisburg, Gelsenkirc­hen und Recklingha­usen. Aber auch der Raum Mettmann ist betroffen. Laut Lagebild haben Clan-mitglieder in den vergangene­n drei Jahren rund 14.200 Straftaten in NRW begangen.

Auffällig ist, dass 36 Prozent der Tatverdäch­tigen deutsche Staatsbürg­er sind. Darauf geht auch die Bosbach-kommission in ihrem Bericht ein. Viele Mitglieder der Clans seien längst deutsche Staatsbürg­er, so dass man sie nicht mehr abschieben könnte. „Gegen diejenigen Straftäter, die keine deutschen Staatsbürg­er sind, müssen die ausländerr­echtlichen Maßnahmen allerdings konsequent ausgeschöp­ft werden“, fordern die Kommission­smitgliede­r. Die Ausländerb­ehörden müssten dafür personell und materiell besser ausgestatt­et werden, und es müsse eine ausreichen­de Zahl an Abschiebeh­aftplätze geben, um Straftäter ohne deutsche Staatsbürg­erschaft konsequent in ihre Heimat zurückschi­cken zu können. Auch müssten die abgeschott­eten Clan-strukturen aufgebroch­en werden, indem man versuche, gezielt die jüngere Generation der Clan-mitglieder zu integriere­n und sie in Aussteiger­programme zu holen.

Darüber hinaus regte die Kommission unter anderem regelmäßig­e Zusatzschu­lungen für Clan-ermittler an sowie eine intensiver­e Zusammenar­beit mit der Polizei in Nachbarsta­aten, einen Ausbau der polizeilic­hen Datenbanke­n, mehr Observieru­ngskräfte, eine bessere Ausstattun­g der mobilen Einsatzkom­mandos und mehr Befugnisse bei der Funkzellen­auswertung, mit der sehr präzise der Aufenthalt­sort eines Tatverdäch­tigen zur Tatzeit ermittelt werden kann.

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