Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Vettel kann noch gewinnen

Es ist der erste Sieg seit fast 400 Tagen. Der Hesse triumphier­t bereits zum fünften Mal in Singapur. Er leistet sich keine Fehler, hat aber auch Glück: Das Team verrechnet sich bei Shootingst­ar Leclerc.

- VON CHRISTIAN HOLLMANN UND JENS MARX

SINGAPUR (dpa) In der Nachthitze von Singapur ist das Glück zu Sebastian Vettel zurückgeke­hrt. Der zuletzt schwer kritisiert­e Hesse verhindert­e am Sonntag den Sieg-hattrick seines Stallrival­en Charles Leclerc und holte sich seinen ersten Formel-1-triumph seit 392 Tagen. Bei seinem fünften Erfolg auf dem Marina Bay Street Circuit profitiert­e der 32-Jährige von einer Fehlrechnu­ng der Ferrari-strategen zum Leidwesen von Leclerc – und vom schweren Fehler der Mercedes-taktiker. Wm-spitzenrei­ter Lewis Hamilton schaffte es nur auf Platz vier hinter Red-bull-pilot Max Verstappen.

Mit einer fehlerlose­n Leistung fuhr Vettel so völlig unverhofft seinen ersten Saisonerfo­lg ein – sehr zum Ärger seines Teamkolleg­en Leclerc. Der Monegasse war von der Pole Position gestartet und fuhr nach Spa und Monza dem nächsten Sieg entgegen. Nach dem einzigen Boxenstopp lag Vettel plötzlich vor dem 21-Jährigen, der den Rest des Rennens mit bitteren Vorwürfen an sein Team verbrachte.

Hamilton wartet nun seit drei Rennen und drei Ferrari-siegen nacheinand­er auf seinen nächsten Sieg. Im Klassement liegt der fünfmalige Champion aber noch immer klar vor der Konkurrenz, Vettel ist Fünfter mit 102 Zählern weniger als der Silberpfei­l-star. Sein Sieg im 235. Rennen seiner Karriere war eine Erlösung. Zuletzt hatte Vettel am 26. August 2018 im belgischen Spa-francorcha­mps gewonnen.

Nach einem Sieg des viermalige­n Champions hatte es zu Beginn noch nicht ausgesehen. 164 Meter Spannung bis zur ersten Kurve, alles ging glatt. Leclerc verteidigt­e nach dem Erlöschen der Roten Ampeln souverän seine fünfte Pole Position. Vettel versuchte von Position drei aus Hamilton zu attackiere­n. Der Brite wehrte die Angriffe aber ab. Weiter hinten demolierte sich Nico Hülkenberg auf dem engen Kurs den Wagen und musste nach den ersten fünf Kilometern an die Box, er bekam dabei gleich die härteste Reifenmisc­hung aufgezogen und machte ordentlich Tempo. Der 32 Jahre alte gebürtige Emmericher, der ohne Cockpit fürs kommende Jahr ist, fuhr teilweise über anderthalb Sekunden schneller als die Spitze.

„Ich kann nicht noch langsamer“, funkte Hamilton genervt an den Kommandost­and. Das Problem: Wer zu viel Gas gab, den drohten die Reifen auch schneller im Stich zu lassen. Weil aber alle auf eine Einstopp-strategie setzten, wollten sie den Reifenwech­sel so lange wie möglich hinauszöge­rn. Für Spannung sorgte das Bummeltemp­o an der Spitze erstmal nicht. Wer würde als erster von den Topfahrern zum Reifenwech­seln an der Box vorbeikomm­en? Vettel war‘s.

Auf einmal gab auch Hamilton Gas, verkürzte den Rückstand auf Leclerc, der nun auch zum Reifenwech­sel rein- und hinter Vettel wieder rauskam. Absicht von Ferrari? Offen. „Was zum Teufel...“, fluchte Leclerc, nachdem er von seinem Renningeni­eur zu hören bekommen hatte, Druck zu machen. Der Sieger der beiden vergangene­n Rennen war stinksauer.

Beide Mercedes blieben noch auf der Strecke. Vorbei war die Bummelei. Ein paar Runden nach Bottas kam auch Hamilton rein und maßgeschne­idert vom Team zumindest vor seinem finnischen Gehilfen wieder auf den Kurs. Zur Rennhälfte lief alles zugunsten von Vettel, der bei einem Kompromiss­los-manöver den Toro Rosso von Pierre Gasly touchierte, Antonio Giovinazzi von Ferraris Partnertea­m Alfa Romeo ließ Vettel ohne Gegenwehr vorbeizieh­en. In Runde 31 führte der Heppenheim­er das Feld an.

Und dann passierte es: Das Safety Car musste kommen, wie in jedem Jahr seit dem ersten Rennen in Singapur 2008. George Russell war mit seinem Williams in die Streckenma­uer gefahren. Vettels Vorsprung auf Leclerc war dahin, der auf Hamilton auf Rang vier liegend ebenfalls. 21 Runden vor Schluss ging es wieder zur Sache, Vettel blieb vorn. Doch er war noch nicht durch. Sergio Perez sorgte für den nächsten Safety-car-einsatz. Vettel blieb wieder cool, Leclerc erzürnte sich noch immer. Er kam an Vettel diesmal nicht ran.

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FOTO: IMAGO IMAGES Grand Prix Sieger Sebastian Vettel wird von seinem Rennstall Ferrari nach dem Nachtrenne­n von Singapur mit einem Feuerwerk gefeiert.

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