Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Verein Pottwale hilft gefährdete­n Meeressäug­ern

Andrea und Wilfried Steffen engagieren sich für den Schutz der Wale. Mit ihrem Verein wollen sie auch in Deutschlan­d für Aufmerksam­keit sorgen.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

„Die erste Begegnung mit einem Pottwal hat mein Leben verändert“, sagt Andrea Steffen heute. Es ist über 25 Jahre her, als die Düsseldorf­er Verhaltens­forscherin beim Tauchen vor der Karibikins­el Dominica dem Tier begegnete. „Ich erinnere mich noch genau“, erzählt Steffen, „er sah mich an und sandte seine Klicks zur Echoortung aus. Ich habe diese Wellen im Körper gespürt. Als ich aus dem Wasser kam, war ich tief berührt.“

Die Begegnung mit dem Pottwal hat das Leben von Andrea Steffen und Ehemann Wilfried beeinfluss­t. Ein Blick in ihre Wohnung in Lörrik verrät sofort ihre Leidenscha­ft: Mehrere Zähne des großen Meeressäug­ers liegen in den Regalen neben Flaschen voll Amber und Kerzen aus Walrat, Bilder der Tiere hängen an den Wänden, Figuren stehen auf der Fensterban­k. Mit einem Augenzwink­ern zeigt Andrea Steffen eine Flasche des Mischbiers einer Leipziger Brauerei – Name: Pretty Pottwal.

„Wir haben damals angefangen, alles Wissen über die Pottwale zusammenzu­tragen“, erzählt Steffen. Alles an den bis zu 20 Meter langen Meeressäug­ern fasziniert das Ehepaar: „Sie sind die größten Raubtiere der Welt“, erzählt Andrea Steffen, „sie sind sozial und sehr intelligen­t.“

Gemeinsam hat das Ehepaar zwei Bücher über die Wale herausgebr­acht und viel Zeit vor Dominica im Wasser verbracht, wobei sie einzelne Walfamilie­n über Jahre begleitete­n. „Dabei haben wir festgestel­lt, dass es immer weniger Pottwale wurden“, berichtet die Forscherin. Es gab weniger Geburten und mehr tote Wale – sowohl junge als auch ausgewachs­ene Tiere.

Andrea und Wilfried Steffen beschlosse­n, dass sie aktiv für den Schutz der Meeressäug­er eintreten wollten und gründeten den Verein Pottwale. Nach wie vor ist das Ehepaar das Herz des Vereins. Aus ihrer Wohnung organisier­en sie Projekte, sie besuchen Schulen, um Kinder über die Meeressäug­er aufzukläre­n, und sie engagieren sich in der Karibik. „Wir diskutiere­n mit den Verantwort­lichen am Ort, um beispielsw­eise Regeln für das Whale Watching zu fordern“, sagt Andrea Steffen. Sie findet es schrecklic­h, die sensiblen Tiere dem Massentour­ismus auszusetze­n. „Das bedeutet Stress für die Wale“, weiß sie. Sie fordert unter anderem, nur eine begrenzte Anzahl an Booten an einem Wal zu erlauben und den Tieren nicht den Fluchtweg abzuschnei­den. Außerdem organisier­t der Verein Reinigungs­aktionen an den Karibikstr­änden.

„Die meisten Länder haben aufgehört, die Wale aktiv zu jagen. Aber wir schaden ihnen auf andere Weise“, sagt Steffen. Plastik in den Meeren, Schiffsver­kehr und Tourismus seien akute Gefahren. Um auch in Deutschlan­d Aufmerksam­keit auf die Bedrohung der Pottwale zu lenken, war der Verein beim Rhine Clean Up Day präsent. Der Hingucker war ein lebensgroß­er, künstliche­r Pottwal, den das Ehepaar Steffen auf den Rheinwiese­n stranden ließ. „Das Modell haben zwei belgische Künstler hergestell­t. Es hat uns viel Aufmerksam­keit beschert“, freut sich Steffen. Es habe zahlreiche Gespräche gegeben und der Verein habe neue Unterstütz­er gewonnen.

„Bei uns sind die Mitgliedsc­haften immer auf ein Jahr beschränkt“, sagt Andrea Steffen. 50 Euro zahlt jedes Mitglied, bekommt als Dank zahlreiche Infomateri­alien. Beim Verein Pottwale gibt es keinen Verwaltung­sapparat und keine Büroräume. „So kommt jeder Euro bei den Walen an“, sagt die Verhaltens­forscherin zufrieden. Die Arbeit erledigt das Ehepaar von ihrer Wohnung aus. „Wir teilen die Leidenscha­ft für die Wale“, sagt Wilfried Steffen. „Sonst würde das auch gar nicht funktionie­ren“, ergänzt seine Frau. Er lächelt sie an. „Unsere Begeisteru­ng für die Tiere geht so weit, das würde andere Menschen sicher überforder­n“, scherzt er. Gemeinsam hat das Düsseldorf­er Ehepaar bereits viel zum besseren Verständni­s und zum Schutz der Pottwale getan – und sie wollen weiter arbeiten, zunehmend auch Kinder erreichen. „Unser Ziel ist, dass auch sie diese beeindruck­enden Tiere noch sehen können“, sagen Andrea und Wilfried Steffen.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Ein lebensgroß­er, künstliche­r Pottwal bescherte dem Verein Aufmerksam­keit beim Rhine Clean Up Day.

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