Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Suv-fahrerin beklagt Hass in der Altstadt
Auf Twitter wird aktuell ein Fall aus Düsseldorf heftig diskutiert: Dort schildert eine Unternehmerin, wie sie in ihrem SUV von einer Menschengruppe in der Altstadt beschimpft wurde. Wir haben mit ihr über die Situation gesprochen.
Eine Unternehmerin beklagt, dass sie in ihrem SUV von einer Menschengruppe in der Altstadt wegen ihres Wagens beschimpft worden ist.
Eine Suv-fahrerin ist wegen ihres Autos in der Altstadt von einer Menschengruppe angegangen worden und hat mit einem Twitter-beitrag darüber ein breites Echo ausgelöst. Jessica Brück fährt einen Mercedes GLE Coupé: Mit knapp 4,90 Länge und zwei Metern Breite gehört der Wagen zu den größeren unter den sogenannten Gelände-limousinen. Dass Menschen in solchen Autos aktuell nicht bei jedem beliebt sind, war ihr klar – doch was ihr am Samstag passierte, schockierte die Unternehmerin (43) so sehr, dass sie es später auf Twitter veröffentlichte. Ihren Tweet verbreiteten bis Redaktionsschluss mehr als 550 Nutzer weiter, über 400 schrieben einen Kommentar.
„Ich wollte nach einem Essen in der Altstadt am Samstagabend noch zu Freunden fahren“, erzählt Jessica Brück unserer Redaktion. Sie habe daher das Auto aus der Tiefgarage im Andreasquartier gesteuert. Auf dem Beifahrersitz saß ihr Mann, auf dem Rücksitz ihre 83 Jahre alte Mutter.
Bevor Brück auf die Ratinger Straße abgebogen sei, habe eine Gruppe von etwa 15 Menschen ihr Auto passiert. „Sie waren etwa Ende 40, Anfang 50, gut gekleidet, normal aussehend“, schildert Brück. Weil es warm war, hatte sie ihr Fenster heruntergefahren. So habe sie gehört, wie einige in der Gruppe sich abfällig über sie und ihr Auto geäußert hätten: „Die hat hier aber nichts verloren“, habe einer gesagt. Brück weiter: „Dann war noch von ‚fetter Karre’ und ‚Stadtpanzer’ die Rede.“
Sie sei ein besonnener Mensch, so Brück, aber „da schwoll mir dann schon der Kamm“. Sie habe den Kopf aus dem Fenster gesteckt und die Passanten gefragt, wie diese dazu kämen zu behaupten, sie, Brück, dürfe hier nicht fahren? „Schließlich ist das ja eine öffentliche Straße.“Daraufhin hätten sich zwei Männer aus der Gruppe um ihren linken Kotflügel gruppiert. Sie hätten gestikuliert und geschrien. Genau verstanden habe sie die Männer nicht. „Das Wort ‚verpestet’ fiel.“Jessica Brück bekam Angst, auch ihrer Mutter war nicht wohl. Sie schloss das Fenster und fuhr im Schritttempo an der Gruppe vorbei. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt sie heute. „Ich kannte so etwas bisher nur aus der Presse.“
Tatsächlich sind Menschen mit großen Autos Klimaschützern schon länger ein Dorn im Auge. Schon 2007 machten die Jungen Grünen in der Schweiz Schlagzeilen, weil man bei ihnen Anti-suv-aufkleber bestellen konnte. Kürzlich twitterte der Landesvorsitzende der Grünen in Berlin ein Foto von einem ebenfalls mit Stickern beklebten BMW, der offenbar an einer Demostrecke von Fridays for Future geparkt war. Fälle von direktem Konflikt zwischen Umweltschützern und Suv-fahrern sind aber bisher noch nicht durch die Medien gegangen
Jessica Brück empfand die Situation als bedrohlich. Sie habe befürchtet, dass jemand ihr auf die Motorhaube schlägt, ihr Auto beschädigt oder gar durchs Fenster greift. „Mich hat das nachhaltig verstört“, sagt sie. „Ich kann nicht verstehen, warum Menschen so handeln.“Der Diskurs über Umweltschutz sei wichtig, „auch dass wir über Auto-alternativen sprechen. Aber ich finde es nicht hinnehmbar, dass man zur Angriffsfläche wird, nur weil man nicht dem Gusto der Mehrheitsmeinung entspricht.“Diese aufgeheizte Stimmung, die auch der Arbeit der Deutschen Umwelthilfe zu verdanken sei, sei „der Sache nicht dienlich“.
Die Kommentare unter ihrem Tweet liest Brück, die mehrere Kindertagespflegestellen betreibt und sich ehrenamtlich in der Düsseldorfer FDP engagiert, inzwischen nicht mehr. Denn dort ist die Diskussion – wenig verwunderlich – ausgeartet. Die einen kritisieren Klimaschützer pauschal als „Nazis“, „Grünstalinisten“oder „Grüne Khmer“, ziehen eine Verbindung zu Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Grünen-chef Robert Habeck oder rufen gar zu Gewalt auf – man könne solchen Menschen ja mit dem Baseballschläger oder einem Tritt aufs Gaspedal begegnen. Die anderen glauben Brück ihre Geschichte nicht, vermuten eine Fdp-verschwörung oder spotten: „Zum Glück saßen Sie zufällig in einem SUV, da ist man ja gut geschützt.“
„Was mich schon schockiert: Die AFD springt jetzt auch auf den Hype auf, spricht von Hexenjagd und dergleichen.“Eine Hexenjagd sehe sie nicht. „Ich habe versucht, die Sache so sachlich wie möglich zu schildern.“Brück steht aber weiter zu ihrer Veröffentlichung. „Ich finde, man muss über so etwas sprechen“, sagt sie. „Ich will mich nicht so in meiner Freizeit einschränken lassen, nur weil ich nicht das Auto fahre, was anderen gefällt.“Ihr Auto sei sicherlich nicht das umweltverträglichste. „Aber ich bin auch etwa sieben Jahre lang nicht in den Urlaub geflogen.“
Man darf Suv-fahrer kritisieren, findet unsere Autorin – aber man sollte dabei zivilisiert bleiben.
Kommentar C2