Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kunst von Menschen auf der Straße

Ausstellun­g zum Buch „Draußen sein“. Zur Eröffnung Musik mit Vom Ritchie.

- VON DOROTHEE KRINGS

Irgendwann gibt es diesen Bruch in ihren Biografien, ausgelöst etwa durch Krankheit, Trennung, Jobverlust. Plötzlich verlieren Menschen wie Nicki, Markus, Rolli den Halt in ihrem Leben und den Rückzugsor­t, an dem sie sich geborgen fühlten: ihre Wohnung. Und auf einmal müssen sie sich in einem neuen Leben zurechtfin­den, das an die körperlich­e Subtanz geht, und oft auch an die Würde. Ein Leben auf der Straße.

Im vergangene­n Jahr erschien das Buch „Draußen sein“, in dem die Journalist­in Stefanie Kaufmann und die Fotografin Janna Lichter von neun Menschen erzählen, die damals ohne Obdach auf Düsseldorf­s Straßen lebten. „Die Leser sollten erfahren, was ihnen zugestoßen ist, und dass hinter jedem Menschen eine andere Geschichte steckt“, sagt Stefanie Kaufmann. „Wir haben gehofft, dass Obdachlose dadurch mehr Aufmerksam­keit und Wertschätz­ung erfahren, dass Menschen vielleicht sogar auf sie zugehen und helfen.“

Tatsächlic­h haben einige Porträtier­te nach Erscheinen des Buches erlebt, dass sie von Passanten anders gesehen und auch angesproch­en wurden. Zudem hat die Aufmerksam­keit für ihre Lebensgesc­hichten einigen Chancen eröffnet. Nicki etwa, die mit ihrem Hund in einer Waldhütte wohnte, lebt jetzt in einem Haus der Stadt und hat einen Bürojob in Hilden gefunden – ihr Chef sagt, sie sei ein „Glücksgrif­f“. Der obdachlose Rolli soll bald über den Verein vision:teilen und das Projekt Housing first eine Wohnung in Düsseldorf bekommen. Er muss den kommenden Winter also nicht mehr auf der Straße leben. Aline, die zur Zeit, als das Buch entstand, schwanger war, hat im Januar einen Sohn bekommen und wohnt jetzt in einer Mutter-kind-einrichtun­g. Gitarrist Uwe lebt weiter auf der Straße. Er hat seine Liebe zur Fotografie entdeckt – mit so spannenden Ergebnisse­n, dass einige seiner Arbeiten im März beim Photo-weekend in Düsseldorf zu sehen waren.

Nun findet das Buchprojek­t mit allem, was es in Gang gesetzt hat, auch Niederschl­ag in einer Ausstellun­g. Unter dem Titel „Draußen sein & Paradies Worringer“sind in der Fifty-fifty-galerie in Eller Arbeiten zu sehen, die von Menschen auf der Straße stammen. Dazu zählen Zeichnunge­n, Gedichte, Fotografie­n.

Die Ausstellun­g zeigt außerdem Projekte von Kommunikat­ionsdesign-studierend­en der Hochschule Düsseldorf. Sie haben mit dem Ü-wagen der Hochschule den Worringer Platz angesteuer­t und mit Menschen über die Stadt und Politik gesprochen. Entstanden sind Arbeiten in Medien wie Foto und Film, sowie Text, die Stimmungen auf Düsseldorf­s Straßen einfangen und Visionen für ein anderes Miteinande­r entwerfen. Die Ausstellun­g beginnt am Freitag, 27. September, um 18 Uhr in der Fifty-fifty-galerie, Jägerstraß­e 15, in Eller. Zur Eröffnung wird Oberbürger­meister Thomas Geisel ein Grußwort sprechen. Tote-hosen-schlagzeug­er Vom Ritchie macht Musik.

 ?? FOTO: JANNA LICHTER ?? Nicki aus dem Buch „Draußen sein“hat inzwischen einen Job und auch ein Obdach.
FOTO: JANNA LICHTER Nicki aus dem Buch „Draußen sein“hat inzwischen einen Job und auch ein Obdach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany