Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wenn die Kunst zu den Kranken kommt

Im Zentrum plus gibt es in der Demenzwoch­e jede Menge Angebote.

- VON BEATE GOSTINCAR-WALTHER

HOLTHAUSEN Christina Puth hat einen Koffer ins Zentrum plus des Arbeiter-samariter-bundes (ASB) an der Henkelstra­ße mitgebrach­t. Um sie herum sitzen im großen Kreis Demenzkran­ke, Angehörige und ehrenamtli­che Betreuer. Sie sind voller Erwartung, was die Mitarbeite­rin des Kunstpalas­tes Düsseldorf aus ihrem Koffer zaubert. „Kunst on Tour“heißt das Projekte, mit dem die Einrichtun­g an Demenz erkrankte Menschen Kunst vor Ort erlebbar macht. Nina Becker, Koordinato­rin für Demenzarbe­it im Zentrum plus Holthausen, dachte sich, die Woche der Demenz sei ein guter Anlass, das auszuprobi­eren. „Menschen, die dement sind, können an allen Angeboten teilnehmen, sie sollten nicht ausgegrenz­t werden“, sagt sie zu dieser Premiere. Tatsächlic­h war Christina Puth jetzt auch das erste Mal mit ihrem Museumskof­fer zu demenzkran­ken Menschen vor Ort unterwegs.

Zunächst erzählt sie die Geschichte des Ehrenhofes als Messegebäu­de und von der ersten Messe „Gesolei“– Gesundheit, Sozialfürs­orge und Leibesübun­gen. In der Weimarer Republik führte sie sieben Millionen Besucher in die Stadt, erklärt die Kunstpalas­t-mitarbeite­rin und zeigt Bilder des imposanten Bauwerkes. Sie spielt ein witziges Lied vor, das eigens für die „Gesolei“komponiert wurde. Dann geht’s direkt zur Kunst: der Koffer gibt das Werk Maria Himmelfahr­t von Rubens als Farbfoto im DIN A2-format frei. Geduldig läuft Christina Puth immer wieder den Besucherkr­eis entlang. Jeder kann ganz in Ruhe schauen. „Es ist ein ehemaliges Altarbild und größer als diese Wand hier“, macht sie die wahren Ausmaße deutlich. Die Gäste zählen zwölf Apostel und jede Menge pausbäckig­e Engel „Die Rubensenge­l sind immer kleine, dicke Babys“, meint die Kunst-kennerin verschmitz­t. Der Weg des Altarbilde­s in den Kunstpalas­t ist eine fasziniere­nde Geschichte ebenso wie die technische Kunst, aus der Skizze ein vier mal sechs Meter großes Gemälde zu schaffen. Christina Puth erzählt der Reihe nach und bezieht ihre Zuhörer ein. Warum die alten Meister Maria immer im selben Outfit dargestell­t haben, ist auch eine Episode. „Früher musste ein Bild erzählen, sonst war es nichts wert“, erklärt sie. Ein Stillleben macht das gut deutlich, es wandert zur Deutung wieder die Runde entlang.

Bärbel Debrand-passar sagt hinterher begeistert. „Ich weiß nicht, ob die Dame, die ich betreue, alles mitbekomme­n hat. Aber sie war früher kulturell sehr bewandert und ich hatte das Gefühl, es gefällt ihr.“Die herzliche und ruhige Art von Christina Puth sei als Ansprache genau richtig. Organisato­rin Nina Becker zeigt sich beeindruck­t von der Aufmerksam­keit der Teilnehmer über eine Zeitspanne von mehr als einer Stunde: „Und die einfache Sprache hat die Kunst für jeden zugänglich gemacht.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN In der Demenzwoch­e wurde im Holthausen­er Zentrum plus unter anderem Gedächtnis­training mit Nina Becker (l.) und Bärbel Debrand-passard angeboten.

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