Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Leichte Kost für harte Männer

Bei der Feuerwehr gehört Kochen zwar nicht zur Ausbildung, aber zur Arbeit. Die Mannschaft muss ja essen. Die Zeiten, in denen Mettbrötch­en und Schnitzel den Speiseplan dominierte­n, sind aber lange passé.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Bei der Feuerwehr gehört Kochen nicht zur Ausbildung, aber zur Arbeit. Die Mannschaft muss essen. Aber nicht Mettbrötch­en und Schnitzel.

Marc Hinnrichs fand bei der Feuerwehr an den Herd. Früher hat er zwar auch ganz gerne mal gekocht. Aber eher nur, weil man ja eben essen muss. Erst, als er seine erste Stelle bei der Feuerwehr antrat, hat ihn die Begeisteru­ng gepackt.

Seit 2006 ist er bei der Berufsfeue­rwehr, seine erste Dienststel­le nach der Ausbildung war die gerade neu eröffnete Wache 5 am Flughafen. Die hatte nicht nur eine schöne neue Küche, sondern auch zwei gelernte Köche im Team, die natürlich regelmäßig Küchendien­ste machten. „Da hab ich dann immer mal geguckt, wie’s geht, später auch zu Hause mich mit dem Thema immer mehr beschäftig­t.“

Inzwischen ist er 34, dreifacher Familienva­ter und Oberbrandm­eister. Und hinter den gelernten Köchen muss sich der gelernte Feuerwehrm­ann längst nicht mehr verstecken. Er kocht selbst regelmäßig für sein Team, liest Kochbücher, guckt im Fernsehen Küchenstar­s wie Johann Lafer oder Alexander Hermanns zu. Und probiert gerne mal was Neues aus.

Heute gibt es Salat mit in Honig karamellis­ierten Putenstrei­fen. „Im Sommer machen wir gerne mal was Leichtes“, sagt Hinnrichs. Dass der ein oder andere vielleicht doch noch fragt, was es denn zum Hauptgeric­ht gibt, ist meist nur gutmütige Frotzelei. Im Grunde ist der Trend zur leichten und gesunden Küche längst auch bei den harten Männern von der Feuerwehr angekommen. Und dass die auch noch hübsch anrichten können, ist regelmäßig im Internet zu bewundern. Da posten die Feuerwehrk­öche gern mal Fotos ihrer Gerichte.

Im März gab’s sogar einen Wettbewerb. Wer macht den gesündeste­n Teller, hieß die Aufgabe bei Instagram, über die die Follower, die sich eigentlich für Fahrzeugte­chnik und Brandbekäm­pfung interessie­ren, entscheide­n sollten. Allein die Ankündigun­g erreichte mehr als 2800 Menschen, damit hatten die Initiatore­n vom hausintern­en Magazin „Feuermelde­r“nicht gerechnet. Noch weniger mit dem Ausgang: Das Bärengulas­ch landete bei der Massenjury nur auf Platz 4. Die mit Abstand meisten Herzchen bekam – eine vegan gefüllte Paprika.

Traditione­ll, sagt Marc Hinnrichs, „isst die Feuerwehr gutbürgerl­ich und sicher auch deftig. Aber auch die Küche hat sich modernisie­rt.“Schon deshalb, weil junge Leute wie er zur Mannschaft kamen und eben auch zum Küchendien­st. Was nicht heißt, das Fleisch als Energielie­ferant keine Rolle mehr spielt. In der Leitstelle haben sie angeblich den besten Schnitzelb­rater der gesamten Feuerwehr. Und es kommt auch mal ein Burger auf den Mittagstis­ch. Die Mayo allerdings, sagt Hinnrichs, „die muss dann schon selbst gemacht sein. An den Geschmack kommt keine fertig gekaufte ran.“

Bei der Feuerwehr beginnt die Schicht früh um sieben und dauert 24 Stunden. Natürlich könnte sich da jeder seine Mahlzeiten mitbringen. Aber das gemeinsame Essen gehört schon immer dazu. Es gibt dem langen Arbeitstag, an dem

„Die Mayonnaise muss schon selbstgema­cht sein. An den Geschnack kommt keine fertig gekaufte heran“Marc Hinnrichs Feuerwehrm­ann

sonst nichts planbar ist, eine Struktur. In die Gemeinscha­ftskasse zahlt jeder 4,50 Euro für ein Mittagesse­n, 2,50 für das Frühstück. Die Zahl der Esser hängt von der Wachengröß­e ab. In der Leitstelle sind es mittags immer zwischen sieben und neun. Zwei bis drei Kollegen essen immer mit Verspätung, weil man die 112 ja nicht wegen Mittagspau­se abschalten kann.

In den Wachen gibt es eine feste Essenszeit für alle. Und genauso regelmäßig ertönt Alarm, kaum, dass alle Kollegen am Tisch sind. Kein Wunder also, dass sie sich früher mit Mettbrötch­en und Suppen zufriedeng­aben, die auch noch essbar waren, wenn Stunden später das Feuer aus oder das Kätzchen vom Baum geholt war. Auf den Punkt gebratene Steaks stehen aus deshalb eher selten auf dem Küchenplan.

Früh um acht wird festgelegt, wer mittags kocht, und wer dabei unterstütz­t. Wobei die Feuerwehr ihre Schnibbelh­ilfen natürlich Assistente­n nennt. Diesmal macht das Michael Jünger, 33, dessen Kochintere­sse ebenfalls erst bei der Feuerwehr erwacht ist. Eingekauft wird entweder schnell in der Nachbarsch­aft, manchmal bringt der Koch auch alles von Zuhause mit.

Die Grundzutat­en werden einmal im Monat aufgefüllt. Marc Hinnrichs war an diesem Morgen sogar noch in seinem Garten in Wittlaer und hat dicke Bunde Schnittlau­ch, Minze und Majoran geerntet. Kräuter, sagt er, „machen jedes Essen besser“. Privat kauft er gern im Hofladen in seiner Nachbarsch­aft.

Nachhaltig­keit ist ihm wichtig, und diesen Gedanken will er mit seinem Essen transporti­eren, sagt er. Er kocht eben nicht nur, damit es was zu Essen gibt.

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RP-FOTOS (3) HANSJÜRGEN BAUER Michael Jünger (l.) und Marc Hinnrichs zeigen, dass sich Feuerwehrl­eute nicht nur „gutbürgerl­ich“ernähren.
 ?? RP-FOTO: STEFANI GEILHAUSEN ?? Salat, Mango, Tomaten und Paprika – alles da, was man für ein gesundes Gericht braucht.
RP-FOTO: STEFANI GEILHAUSEN Salat, Mango, Tomaten und Paprika – alles da, was man für ein gesundes Gericht braucht.
 ??  ?? 1,2 Kilogramm Putenbrust werden von den beiden Köchen gleichmäßi­g in große Streifen geschnitte­n.
1,2 Kilogramm Putenbrust werden von den beiden Köchen gleichmäßi­g in große Streifen geschnitte­n.
 ??  ?? Michael Jünger (l.) schnibbelt eifrig, Marc Hinnrichs komponiert derweil den Salat.
Michael Jünger (l.) schnibbelt eifrig, Marc Hinnrichs komponiert derweil den Salat.
 ?? RP-FOTO: STEFANI GEILHAUSEN ?? Das fertige Gericht sieht wirklich gut aus. Mit dem Anrichten geben sich die Köche viel Mühe.
RP-FOTO: STEFANI GEILHAUSEN Das fertige Gericht sieht wirklich gut aus. Mit dem Anrichten geben sich die Köche viel Mühe.

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