Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kluge Entscheidu­ng der Grünen gegen Özdemir

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Grünen-bundestags­fraktion hat eine kluge Entscheidu­ng getroffen und Cem Özdemir nicht zum neuen Vorsitzend­en gewählt. Mit Özdemir wäre die Unruhe zurückgeke­hrt, die schon seine Amtszeit an der Parteispit­ze gekennzeic­hnet hatte. Özdemir lieferte sich bittere Konflikte mit seiner Co-parteivors­itzenden Simone Peter. Ihre Nachfolger, das erfolgreic­he Duo Robert Habeck und Annalena Baerbock, wussten, wie sehr es der Partei an Geschlosse­nheit gemangelt hatte. Konsequent setzten sie seit Anfang 2018 darauf, den alten Graben zwischen „Realos“und „Linken“zu überwinden. Die Grünen sprachen fortan nur noch mit einer Stimme. Der Lohn dafür waren deutlich steigende Umfragewer­te.

Habeck und Baerbock kommt zugute, dass die beiden Fraktionsv­orsitzende­n Anton Hofreiter und Katrin Göring-eckardt ein blasses Bild abgeben. Göring-eckardt hat schon vieles erreicht, nun möchte sie nur noch eines: Bundesmini­sterin werden. Ihr Ehrgeiz, den Bundestag aufzumisch­en, hält sich dagegen in Grenzen. Und der nach innen integrativ wirkende Hofreiter konzentrie­rt sich nach außen auf das, was er am besten kann: Agrarwende, Verkehrswe­nde, Ökologie. Für die Grünen ist Hofreiter ungemein wichtig: Der promoviert­e Biologe verkörpert wie kein anderer die urgrünen Motive. Das große Herz für die Natur.

Wäre Özdemir der Sprung nach vorn geglückt, wäre das Gleichgewi­cht aus zwei starken und zwei schwächere­n Führungsfi­guren gestört worden. Der machthungr­ige Schwabe hätte Habeck eine Konkurrenz gemacht, die den Grünen nicht gutgetan hätte. Özdemir ist zwar der beste Redner, den die Grünen haben. Doch dieses Redetalent könnte die Fraktion auch noch besser nutzen, indem sie ihn häufiger ans Rednerpult ließe. Ansonsten gilt: Never change a winning team. BERICHT GRÜNE BESTÄTIGEN IHRE FRAKTIONSC­HEFS, TITELSEITE

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