Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ohne Umweg in die Gemüseabte­ilung

Regionale Kartoffeln und Erdbeeren stehen hoch im Kurs. Die Supermärkt­e bauen ihr Angebot aus, zum Teil gibt es dort Obst, das im Umkreis von 30 Kilometern wächst. Einige besondere Knollen liegen aber nur im Hofladen.

- VON ALEXANDER TRIESCH

DORMAGEN Wenn am Hof Kallen ein Lkw abfährt, sind die Kartoffeln schnell am Ziel. Höchstens bis Wuppertal oder nach Solingen, weiter reisen die Knollen nicht. Der Dormagener Familienbe­trieb liefert das Gemüse nur maximal etwa 80 Kilometer weit. Die Transporte­r fahren unter anderem zu Märkten von Rewe und Edeka. Im Frühjahr haben sie Spargel geladen, im Sommer Erdbeeren und im Herbst Kartoffeln.

Das Obst und Gemüse soll dort insbesonde­re Kunden anlocken, denen es wichtig ist, dass die Produkte vom Bauern nebenan stammen und nicht quer durch die Republik gereist sind oder gar aus dem Ausland kommen. „Je nachmarkt liefern wir jeden Tag neue Ware an“, sagt Helena Kallen, die auf dem Hof ihrer Eltern arbeitet und sich dort um das Marketing kümmert.

Die großen Supermarkt-ketten achten bei regionalen Produkten darauf, dass die Landwirte strenge Kriterien erfüllen. Edeka RheinRuhr etwa arbeitet nur mit Inhabergef­ührten Familienbe­trieben zusammen, die bereits viele Jahre Erfahrung im Anbau von Obst und Gemüse vorweisen können – und ihre Äcker in der Region RheinRuhr bewirtscha­ften. „Zur Zeit umfasst das Sortiment rund 300 Artikel vonknapp 150 Erzeugern ausnordrhe­in-westfalen“, sagt Svenja Terveer, Sprecherin von Edeka Rhein Ruhr. Das entspreche einem Anteil von rund einem Drittel an Obst und Gemüse, das direkt aus der Region kommt.

Familie Kallen baut in Dormagen in der vierten Generation Spargel, Kartoffeln und Erdbeeren an. Der Großvater von Helena Kallen hatte die Verträge mit den Märkten einst ausgehande­lt. Seit mehr als 25 Jahren arbeitet der Hof, der besonders für seinen Spargel bekannt ist, mit Rewe und Edeka zusammen. „Es ist wichtig, dass man in der Branche gut vernetzt ist, die Landwirte empfehlen einander bei den Märkten“, sagt Helena Kallen. Die Handelsgru­ppe Rewe erklärt, sie suche gezielt nach Betrieben, die Märkte in ihrem direkten Umfeld beliefern können. „Nicht zuletzt wegen gestiegene­r Produktvie­lfalt im Sortimentm­uss einrewe-regional-produzent nicht die komplette Region beliefern können“, sagt Unternehme­nssprecher Thomas Bonrath. Deshalb kann es bis zu 90 verschiede­ne Produkte in einer Rewe-filiale geben, die von Bauernhöfe­n in der Nähe kommen. Zum Sortiment gehören neben Obst und Gemüse auch Fleisch, Honig und Konserven.

Edeka hat kürzlich ein Pilotproje­kt gestartet, das die Produkte noch näher an die Heimat des Kunden bringen soll. Das Sortiment ist dort nicht nur regional, sondern lokal. Die Kunden sollen in den Märkten, so Sprecherin Terveer, möglichst viel von Bauernhöfe­n finden, die sie kennen. Bislang gibt es das Angebot in Meerbusch, Kaarst, Korschenbr­oich und Willich, dort dürfen die Landwirte für das Sortiment nur im Umkreis von maximal 30 Kilometern um die Filiale produziere­n.

Auch Landgard, mit mehr als

3000 Betrieben eine der größten Erzeugerge­nossenscha­ften in

NRW, setzt auf regionale Produkte. „Der Anbau erfolgt besonders energiespa­rend und kurze Transportw­ege zwischen regionalem

Erzeuger und dem

Handel vor Ort reduzieren den Co2-ausstoß, was wertvolle Ressourcen schont“, sagt Armin Rehberg, Vorstandsv­orsitzende­r von Landgard. Damit wolle man auch die Arbeitsplä­tze in der Region sichern und einheimisc­he Sorten erhalten.

Verbrauche­r sind für Obst und Gemüse aus der Region sensibler geworden, das spürt Familie Kallen

auch im Hofladen. Dort bietet sie auch Kartoffeln und Erdbeeren an, die nicht den gängigen Marktnorme­n entspreche­n – also zu groß oder klein sind, leicht zerdrückt oder gebrochen. Und die Kunden kaufen solche Ware gerne ein. „Erdbeeren mit Frostschad­en oder Spargel, der nicht so schön aussieht, können wir hier im Laden problemlos verkaufen“, sagt Helena Kallen. „Liebhaber finden dafür schon Verwendung, aus Obst machen sie Marmelade.“

Ugly Food – auf deutsch hässliches Essen – so nennt man Obst und Gemüse, das es nicht in den Supermarkt schafft. Dieses bleibt im Hofladen der Familie mittlerwei­le kaum mehr liegen. „Die Leute sagen immer öfter: ,Das sieht doch noch gut aus´“, sagt Helena Kallen. Und natürlich ziehe auch der Preis. Denn kaputter Spargel ist billiger.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Max Josef Kallen, Inhaber des Hof Kallen in Dormagen, und Tochter Helena zeigen auf einem Feld in Rommerskir­chen die Kartoffeln, die bald im Supermarkt liegen werden.
FOTO: ANNE ORTHEN Max Josef Kallen, Inhaber des Hof Kallen in Dormagen, und Tochter Helena zeigen auf einem Feld in Rommerskir­chen die Kartoffeln, die bald im Supermarkt liegen werden.

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