Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die Gedanken sind noch frei

Doch Facebook arbeitet an einer Technik, die liest, was wir denken.

- FLORIAN RINKE

Entsperren Sie das Handy noch ganz altmodisch durch die Eingabe einer Pin oder eines Musters? Oder nutzen Sie bereits Ihren Fingerabdr­uck? Oder sogar Ihr Gesicht? Oder entsperren Sie es gar nicht mehr, sondern sprechen einfach nur noch mit dem Gerät: „Hey, Siri, wie ist das Wetter in Düsseldorf“? Dank der Sprachsteu­erung am Smartphone oder über Amazons in Lautsprech­ern verbaute Assistenti­n Alexa sind wir langfristi­g immer weniger gezwungen, Dinge zu schreiben. In zehn Jahren wird es für einen Großteil der Menschen völlig normal sein, mit Maschinen zu sprechen. Doch Facebook reicht all das nicht. Das soziale Netzwerk will noch einen Schritt weitergehe­n. In Zukunft, so die Vision, soll es bereits ausreichen, bestimmte Dinge nur zu denken. In der vergangene­n Woche gab Facebook die Übernahme einer Firma bekannt, die an einem Gerät arbeiten soll, mit dem man Gedanken lesen kann – und das nicht im Stile von Late-night-wahrsagern im Fernsehen. Dank der Technik könnte man irgendwann ein Foto mit einem Freund teilen, einzig indem man daran denke, orakelte ein Facebook-manager. Das klingt nach einer gewaltigen Chance. Vielen Menschen, deren klarer Verstand in einer Körperhüll­e gefangen ist, die ihnen aufgrund einer Krankheit oder Behinderun­g immer wieder den Dienst verweigert, könnten sich endlich wieder besser mit anderen verständig­en. Vor allem klingt es aber beängstige­nd. „Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber du nachdenkst“, hat der frühere Google-chef Eric Schmidt mal über die Macht der Suchmaschi­ne gesagt. Geht es nach Mark Zuckerberg, dürfte dieser Satz für Facebook irgendwann auch gelten – nur ohne das „mehr oder weniger“. In Zukunft brauchen wir offenbar nicht nur einen Daten-, sondern auch einen Gedankensc­hutz.

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