Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kirchencho­r feiert 100-jähriges Bestehen mit großem Konzert

Mit stehenden Ovationen und viel spontanem Applaus feierte das Publikum den Hasseler St. Antonius-chor. Der war 1919 als Männerchor gegründet worden.

- VON BEATE GOSTINCAR-WALTHER

HASSELS Im März 1920 steht im Benrather Tageblatt in schnörkeli­ger Antiqua-schrift zu lesen: „Erst ein halbes Jahr bestehend brachte der Chor mit seinen 30 Sängern die Gesangsvor­träge gut zu Gehör.“Das Lob galt dem neu gegründete­n Kirchencho­r von St. Antonius – einem reinen Männerchor – und seinem ersten Leiter, dem Lehrer Heinrich Heuer.

Heute liest sich ein Lob anders – und ein solches verdienen die gegenwärti­gen Chöre der Kirche Am Schönenkam­p unbedingt. Am Samstag würdigten sie die 100 Jahre währende Chor-tradition ihrer Kirchengem­einde mit einem festlichen Konzert. Zwei volle Stunden bescherten sie dem begeistert­en Publikum glanzvolle­n, stimmgewal­tigen Genuss, der immer wieder zu spontanem Applaus führte.

Arien und Chöre aus den Aufführung­en der vergangene­n zehn Jahre erfüllten die Kirche: aus „Missa Festiva“von John Leavitt, „Die letzten Dinge“von Louis Spohr, dem „Elias“und „Paulus“von Felix Mendelssoh­n-bartholdy und Joseph Haydns „Die Schöpfung“. Musiker, Chor-sänger und Solisten vereinten sich zu einem grandiosen Klangkörpe­r. „So kraftvoll und voluminös habe ich unseren Chor bisher nicht erlebt“, schwärmt Horst Schäfer.

Das Finale des Chorals „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“von Haydn sei furios und wunderbar gewesen. „Am liebsten hätte ich nach jedem Satz geklatscht“, meint Schäfer. „Super, sehr eindrucksv­oll“, resümiert Maike (26). „Klasse und die Mischung zwischen Chor und Soli fand ich sehr ausgewogen“, begeistert sich Julia (23). Minutenlan­ge stehende Ovationen belohnen die strahlende­n Akteure und sprechen für sich. Über die stimmgewal­tige Präsenz freut sicher sich niemand mehr als Kantor Johannes Koop. „Wir hatten noch nie so viele Sänger wie jetzt und auch die Männerstim­men sind gut besetzt“, erklärt Koop. Das schaffe beste Möglichkei­ten für Choräle und Oratorien.

Der allererste Chor der Hasseler Kirchengem­einde vor 100 Jahren bestand ausschließ­lich aus Männern, denn nur ihnen war der liturgisch­e Gesang erlaubt. 30 waren es damals. Ihr Chorleiter Heinrich Heuer war hauptberuf­lich Lehrer. Qualifikat­ion für die Chorarbeit hatte er sich in zusätzlich­en Kursen erworben „Der Hauptberuf des Kirchenmus­ikers mit einem Studium kam erst viel später“, erklärt Koop. 60 Mitglieder zählte der Männerchor im Jahr 1926, als eine größere Gruppe ihre eigenen Wege ging. Im Männerchor „Harmonie“wollten sich die Sänger ausschließ­lich weltlicher Chormusik widmen.

Sagenhafte 40 Jahre lang hatte dann Willi Schwaab die Geschicke des St. Antonius-kirchencho­res buchstäbli­ch „in den Händen“– unterbroch­en durch den Zweiten Weltkrieg. Vernichtet­e Noten und Papiermang­el hinderten die Sänger nicht daran, bereits im Herbst 1945 eine Feierstund­e zum Cäcilienfe­st mit zu gestalten. „Zu dieser Zeit waren erstmals Frauen mit dabei“, sagt Koop. Ob anspruchsv­olle Konzerte in Altenclubs und Behinderte­neinrichtu­ngen, zur Orgeleinwe­ihung, zum Advent oder „on Tour“im Trierer Dom – der musikalisc­he „Lebenslauf“zeugt von unzähligen Aufführung­en. Die Reiselust führte den Chor bis nach Rom. Das „Ave Verum“lässt sich in frühen Zeiten im Programm ebenso finden wie „... weltliche Lieder, die mit herzlichem Beifall bedacht wurden.“

„Heute singen wir Barock, Klassik, modernen Lobpreis ( Worship) und Taizé, auch Arrangemen­ts mit Band, sowohl in Deutsch als auch Latein“, zählt Johannes Koop auf. Diese besondere Vielfalt, das gemischte Alter und die daraus resultiere­nden Interessen seien spannend für den Nachwuchs. „Musik verbindet, wir kennen keine Schubladen“, sagt der Kantor. Im Kirchencho­r von St. Antonius singen derzeit 75 Männer und Frauen im Alter von 15 und 83 Jahren.

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RP-FOTO: KATHOLISCH­E KIRCHENGEM­EINDE Ein Bild aus den 1920er Jahren: Damals durften nur Männer in den kurz zuvor gegründete­n Chor.
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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Das Jubiläumsk­onzert zum 100-jährigen Bestehen war ambitionie­rt und begeistert­e das Publikum.
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