Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Klimaschut­z: Berlin bremst, die EU macht Tempo

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BERLIN (mar) Die Bundesregi­erung hat Zweifel an der Wirksamkei­t ihrer Klimaschut­zpolitik auch einen Tag vor den am Mittwoch geplanten Kabinettsb­eschlüssen zu dem Thema nicht ausräumen können. Im finalen Entwurf des 171 Seiten langen Klimaschut­zprogramms, der unserer Redaktion vorlag, vermeidet die Regierung konkrete Vorgaben für eine Reform der Kfz-steuer. „Die Bundesregi­erung wird die Kraftfahrz­eugsteuer stärker an den Co2-emissionen ausrichten und dazu ein Gesetz zur Reform der Kraftfahrz­eugsteuer bei Pkw vorlegen, so dass von dieser eine deutlich stärkere Lenkungswi­rkung beim Neuwagenka­uf hin zu emissionsä­rmeren beziehungs­weise emissionsf­reien Antrieben ausgeht“, heißt es vage im Klimaschut­zprogramm.

Das Programm enthält eine Fülle von einzelnen Klimaschut­zmaßnahmen. Darüber hinaus sollte das Kabinett am Mittwoch auch das Klimaschut­zgesetz von Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) verabschie­den. Der Gesetzentw­urf war jedoch strittig, so dass weiterhin unklar war, ob es diese Woche beschlosse­n werden kann.

Die Csu-geführten Ministerie­n für Verkehr und Bau stießen sich dem Vernehmen nach weiterhin daran, dass den Sektoren Verkehr und Gebäude konkrete jährliche Co2-emissionsb­udgets zugeteilt werden sollen, die jedes Jahr um eine vorgeschri­ebene Menge gesenkt werden müssen. Gestritten wird auch darüber, was passiert, wenn ein Ressort die vorgegeben­en jährlichen Reduktions­ziele nicht erreicht. Der Gesetzentw­urf sieht in diesem Fall ein Sofortprog­ramm zur Co2-reduktion des Ressorts vor.

Während in Deutschlan­d die Kritik an zu schwachen Klimamaßna­hmen größer wird, will die Europäisch­e Union (EU) ihre Anstrengun­gen zur Co2-verminderu­ng forcieren. Der designiert­e Eu-vizekommis­sionspräsi­dent für Klimaschut­z, Frans Timmermans plant, in Kürze weitreiche­nde Gesetzesen­twürfe vorzulegen. „Ich werde innerhalb der ersten 100 Tage meiner Amtszeit ein Klimaschut­zgesetz vorschlage­n, das das Ziel der Klimaneutr­alität bis 2050 in der Eu-gesetzgebu­ng verankert“, sagte der Niederländ­er am Dienstagab­end bei seiner Anhörung im Europaparl­ament in Brüssel.

Trotz der weltweiten Klimaschut­z-proteste zeigen die Deutschen bislang keinerlei „Flugscham“. Die Zahl der Flugpassag­iere in Deutschlan­d ist seit der Gründung der Protestbew­egung „Fridays for Future“durch Greta Thunberg im August 2018 sogar weiter deutlich gestiegen. Das geht aus einer Sonderausw­ertung der Luftverkeh­rsdaten des Statistisc­hen Bundesamte­s für unsere Redaktion hervor.

Demnach gab es in jedem Monat seit August 2018 steigende Passagierz­ahlen gegenüber dem entspreche­nden Vorjahresm­onat. Insgesamt starteten in den zwölf Monaten von August 2018 bis Juli 2019 von Deutschlan­d aus rund 125,1 Millionen Flugpassag­iere. Von Juli 2017 bis Juli 2018 waren es dagegen erst 119,4 Millionen Flugpassag­iere. Im April 2019 war der Anstieg den Daten zufolge besonders stark: In dem Monat starteten rund 10,7 Millionen Flugpassag­iere in Deutschlan­d. Ein Jahr zuvor waren es dagegen 9,8 Millionen.

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