Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Johnson richtet sich auf Scheitern des Brexit-deals ein
LONDON (witt) Großbritannien signalisiert ein Scheitern bei den Brexit-verhandlungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll dem britischen Premierminister Boris Johnson mitgeteilt haben, dass ein Austritts-deal „überwältigend unwahrscheinlich“geworden sei. Während eines halbstündigen Telefonats am Dienstagmorgen habe Merkel klargestellt, dass eine Einigung aufgrund der von Johnson vergangene Woche eingereichten Vorschläge nicht zu haben sei, zitierten britische Medien eine Quelle in Johnsons Amtssitz. Für den Premierminister sei dies „ein klärender Moment“gewesen: „Wenn das die neue etablierte Position ist, dann bedeutet dies, dass ein Deal grundsätzlich unmöglich ist.“Ein Sprecher der Downing Street bestätigte, dass das Telefonat stattgefunden habe, und wollte die Aussagen nicht dementieren.
Der Knackpunkt ist Nordirland. Merkel habe darauf bestanden, dass Nordirland „dauerhaft in der Zollunion und in voller regulatorischer Übereinstimmung“verbleibt. Johnson dagegen will Nordirland aus der Zollunion mit der EU lösen, was Kontrollen des Waren- und Güterverkehrs unumgänglich machen würde. Diese sollen jedoch nicht „an oder nahe der Grenze“stattfinden, wie Johnson letzte Woche unterstrichen hatte. Er stellt sich eine dezentrale Kontrolle mit GPS-ÜBERwachung von Lastwagen und mobilen Zoll-kommandos vor. Die Europäische Union hält die Pläne für unrealistisch.
Damit zeichnet sich ein Scheitern der Brexit-verhandlungen ab. Zwar gingen am Dienstag in Brüssel die Gespräche noch auf technischer Ebene weiter. Doch die Aussichten auf einen Durchbruch werden stündlich schlechter. In Brüssel sieht man das gezielte Durchstechen des Telefonats zwischen Merkel und Johnson als einen offensichtlichen Versuch der Briten, die Ersten im Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisungen zu sein.
Sollte ein Deal vom Tisch sein, wird die Alternative „No-deal-brexit oder Fristverlängerung?“drängender. Das Parlament hat ein Gesetz beschlossen, das den Premierminister verpflichtet, eine Verlängerung in Brüssel zu beantragen. Johnson hat wiederholt unterstrichen, er wolle einen solchen Antrag nicht stellen.