Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
In den Sternen
Der Physik-nobelpreis geht zur Hälfte an James Peebles (USA) für seine Arbeit zum Ursprung des Universums. Michel Mayor und Didier Queloz (Schweiz) teilen sich die andere Hälfte: Sie revolutionierten die Entdeckung von Planeten.
STOCKHOLM Über Jahrtausende hinweg waren es Mythen und Erzählungen, die vom Ursprung der Welt und der Sterne erzählten. Doch dann setzte im 20. Jahrhundert eine Revolution ein: In den vergangenen fünf Jahrzehnten haben wir einen Kosmos immer besser verstanden, der seinen Anfang mit dem Urknall vor knapp 14 Milliarden Jahren nahm. Vor allem auch dank James Peebles (84). Der kanadische Astrophysiker, der an der Us-universität Princeton gelehrt hat, entwirrt seit Mitte der 1960-er die Geheimnisse des Universums – nachdem 1964 die kosmische Hintergrundstrahlung entdeckt worden war. Die ist ein Relikt aus der Anfangszeit nach dem Urknall, als das Universum noch heiß und dicht war.
Es war Peebles, der in diesem Nachglühen versteckte Hinweise
James Peebles griff eine alte Idee auf: die der kosmologischen Konstante
vermutete: auf die Zustände kurz nach dem Urknall und auf Zusammenballungen von Materie. Denn kleinste Variationen in der Hintergrundstrahlung müssten die Spuren der großen Strukturen sein, die wir heute beobachten. So lieferte der Astrophysiker das theoretische Gerüst, um das Echo des Universums nicht nur zu hören, sondern um es zu verstehen.
Dann aber stieß man auf ein anderes Problem: Die Masse im Universum reichte gar nicht aus, um es mit Gleichungen wirklich zu erfassen. Es schien zu leicht für ein schlüssiges Modell.
Es gab zwar die sichtbare Materie wie die Sterne. Doch damit konnte man nur fünf Prozent der Masse im Kosmos erklären. Selbst die ominöse „Dunkle Materie“konnte nicht mehr als 26 Prozent zur Masse im Universum beitragen. Das wären zusammen dann 31 Prozent. Und was war mit den noch fehlenden 69 Prozent?
Peebles griff eine alte Idee auf: die der kosmologischen Konstante. Die hatte Albert Einstein bereits in den Gleichungen seiner allgemeinen Relativitätstheorie eingeführt: als eine Kraft, die der Schwerkraft entgegenwirkt. Allerdings hatte Einstein sie nur aus einem Grund postuliert: Er ging von einem statischen, unveränderlichen Universum aus. Das aber gaben seine Feld-gleichungen nicht her. Also wählte er einen passenden Wert für die Konstante, um einen unveränderlichen Kosmos beschreiben zu können. Als Edwin Hubble dann aber zeigen konnte, dass das Universum sich tatsächlich ausdehnt, verwarf Einstein die Idee wieder – und bezeichnete sie anschließend als seine „größte Eselei“.
Peebles führte knapp 60 Jahre später die kosmologische Konstante wieder in die Astrophysik ein, weil sie die fehlende Masse im Universum erklären könnte: Als dunkle Energie sollte sie den Kosmos auseinandertreiben. Im Jahr 2011 erhielten Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess den Physik-nobelpreis, weil sie genau das bewiesen hatten. Das theoretische Gerüst dafür hatte aber zuvor Peebles geliefert, der in diesem Jahr ausgezeichnet wird. Zumindest zur Hälfte.
Die andere Hälfte des Nobelpreises teilen sich Michel Mayor (77) und sein ehemaliger Mitarbeiter Didier Queloz (53). Die beiden Schweizer Astronomen fanden Mitte der 1990er die Antwort auf die Frage, wie häufig Planeten im Universum sind. Dafür analysierten Mayor und Queloz das Licht der Sterne.
Doch wie entdeckt man so Planeten, die selbst kein Licht aussenden? Sterne sind sehr viel massereicher als Planeten. Tatsächlich aber dreht sich der leichtere Partner nicht einfach um eine Sonne. Vielmehr bilden sie ein Paar, das um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreist – der indes nahe bei der jeweiligen Sonne liegt.
Dennoch reicht das aus, damit ein ferner Stern sich mal mehr in unsere Richtung bewegt, dann wieder weg von uns. Diese geringe Bewegung lässt sich in den Lichtkurven ablesen: Bewegt sich der Stern auf uns zu, erscheint er aufgrund des
Doppler-effekts ein wenig bläulicher. Entfernt er sich, wirkt er etwas rötlicher. Es ist nur ein minimaler Unterschied. Aber er ist messbar.
Der Astronom Michel Mayor hatte Anfang der 1990er Jahre bereits diverse Sterne untersucht. Sein damaliger Mitarbeiter Queloz sollte dann mit ihm noch genauere Instrumente für die Analyse bauen. Und zusammen machten sie eine erstaunliche Entdeckung: Die Veränderungen in der Lichtkurve des 50 Lichtjahre entfernten, sonnenähnlichen Sterns Helvetios bzw. 51 Pegasi im Sternbild Pegasus ließ nur einen Schluss zu: Es gibt dort einen Planeten. Es müsste sich um einen schweren Gasriesen wie dem Jupiter handeln, der seinen Stern in nur vier Tagen und acht Millionen Kilometer Entfernung umkreist – und dabei auf mehr als 1000 Grad aufgeheizt wird. Das widersprach allen Modellen zur Planetenentstehung. Demnach hätte sich ein solcher Planet niemals so nahe an seiner Sonne bilden können. Mayor und Queloz hatten ihn dennoch entdeckt und nannten ihn 51 Pegasi b.
Am 6. Oktober 1995 präsentierten sie ihre Entdeckung bei einer Konferenz in Florenz. Kurz darauf wurde das von anderen Wissenschaftlern bestätigt. Damit hatten sie den Stein ins Rollen gebracht: Heute haben wir bereits mehr als 4000 Planeten um ferne Sonnen entdeckt. Jedes Jahr werden es mehr. Und früher oder später wird darunter auch ein Planet sein, der wie eine zweite Erde erscheinen wird.