Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Selbst Haare färben ist ganz einfach“

Der 53-jährige Schauspiel­er spürt sein Alter. Er besitzt mehrere Lesebrille­n, hat Darmspiege­lung und Prostata-vorsorge hinter sich – und redet darüber.

- ANKE KRONEMEYER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Mit dem Buch „Der Lack ist ab“hat Schauspiel­er Kai Wiesinger (53) sein erstes Werk vorgelegt. Es basiert auf einer Serie, die schon in der fünften Staffel und mit 50 Folgen auf Amazon Prime läuft und in der er gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspiel­erin Bettina Zimmermann, und vielen anderen Kollegen heitere Anekdoten aus dem Alltag einer Familie erzählt. Das Älterwerde­n spielt dabei eine Rolle – genauso wie in dem Buch, das sehr schnell auf der Bestseller­liste landete.

Herr Wiesinger, Sie stehen seit 1990 auf der Bühne, drehen Kino- und Fernsehfil­me – und jetzt sind Sie Autor. War das Schreiben für Sie fremdes Terrain?

KAI WIESINGER Nein, eigentlich nicht. Meine Eltern haben ja beide als Journalist­en gearbeitet, Zeitungen gehörten immer schon zu unserem Alltag, Bücher natürlich auch. Darum fiel mir das Schreiben offenbar nicht so schwer. Zumal ich ja schon seit fünf Jahren unsere Serie schreibe.

Sie haben bereits 50 Folgen fürs Internet-fernsehen von „Der Lack ist ab“gedreht. Worum geht es da? WIESINGER Es geht um Männer und Frauen in der Mitte ihres Lebens. Um alle Probleme, von denen man mit 20 nie hört und die einen mit 40 überrollen.

Wie kamen Sie auf die Idee? WIESINGER Wir saßen mit Freunden zusammen beim Italiener und konnten alle die Speisekart­e nicht lesen. So kamen wir auf unsere zunehmende Schwäche der Augen. Da sagte eine Freundin, dass sie mittlerwei­le die Preisschil­der fotografie­re und sie sich dann im Handy großziehe. Das war für mich die Initialzün­dung.

Das kannten Sie auch selbst? WIESINGER Na klar, ich bin 53 Jahre alt. Und die Sms-schrift auf dem Handy habe ich mir irgendwann schon etwas größer gestellt.

Also musste eine Brille her? WIESINGER Genau, mittlerwei­le habe ich mehrere. Meine erste war eine irre teure Gleitsicht­brille, mit der ich ewig nicht umgehen konnte. Jetzt habe ich aber auch einige aus dem Drogeriema­rkt, die nur sieben Euro kosten. Die funktionie­ren auch.

Bei „Der Lack ist ab“geht es nicht nur um die Sehschwäch­e. WIESINGER Nein, auch um andere Veränderun­gen des Körpers, Ernährung, Vergesslic­hkeit oder graue Haare . . .

Sie geben offen zu, dass Sie sich Ihre Haare tönen. Ist das nicht ein „NoGo“für Männer – es erstens zu tun, zweitens noch darüber zu reden? WIESINGER Das sehe ich anders. Warum sollen sich Männer nicht die Haare färben, wenn sie die grauen Strähnen stören? Können ja nicht alle so cool aussehen wie George Clooney. Und warum soll man das nicht selber machen? Ich erkläre im Buch genau, wie es geht. Ist wirklich ganz einfach.

Sie brechen noch ein vermeintli­ches Tabu: Sie reden sehr offen zum Beispiel über Prostata-untersuchu­ng und Darmspiege­lung. Sie haben beides gemacht und plaudern darüber sehr heiter, aber aus Ihrer Erfahrung heraus. Verfolgen Sie damit eine Botschaft? WIESINGER Damit will ich diese Themen enttabuisi­eren. Wenn mehr Menschen zur Vorsorge gingen, bliebe vielen Familien viel Leid erspart.

Sie haben vor allem zu den Gesundheit­sthemen mit vielen Experten gesprochen, lassen diese auch im Buch zu Wort kommen. War das wichtig für Sie, das alles fachlich zu „unterfütte­rn“?

WIESINGER Ich wollte Lebenshilf­e in Unterhaltu­ng packen. Während man lacht, wird man in meinem Buch informiert. Das ist doch wirklich ein gutes Buch!

In der Mitte des Buches fallen zwei Doppelseit­en mit vielen Pfeilen auf – was hat es damit auf sich? WIESINGER Es ist ein Bild dafür, dass die Mitte des Buches auch die Mit

te des Lebens sein kann. Die ersten 40 Jahre hat jemand vielleicht hinter sich, das ist dann die linke Hälfte des Buches. Im besten Fall hat man dann nochmal so viel auf der rechten Seite vor sich. Stellt man sich nicht sowieso schon die Frage, ob man wirklich seinen Weg geht, ist hier der Punkt, innezuhalt­en und zu überlegen, was man mit der zweiten Hälfte anfängt, um nicht am Ende zu sagen, dass man doch lieber ein anderes Leben gelebt hätte.

Haben Sie Ihr Buch für Männer oder Frauen geschriebe­n?

WIESINGER Eigentlich für beide. Das Buch hilft Frauen, Männer zu verstehen. Und ich als Mann hätte so ein Buch gerne mit 40 schon gehabt.

Zum Schluss Ihre Botschaft an andere „ältere“Männer.

WIESINGER Man sollte ab 40 intelligen­t altern, dabei gelassen bleiben und versuchen, Kindern und Enkelkinde­rn ein Vorbild zu sein. Unsere Großeltern waren für uns doch Instanzen – das ist irgendwie verloren gegangen. Man muss nicht zwingend mit 60 oder 70 noch skaten. Und: Es ist keine Schande, älter zu werden.

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FOTO: IMAGO Schauspiel­er Kai Wiesinger rät Männern, ab 40 intelligen­t zu altern. Das heißt, lieber ein Vorbild zu sein als mit 70 zu skaten.

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