Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Bei Uniper wächst die Angst vor Zerschlagu­ng

Fortum paktiert mit den Hedgefonds und stockt seinen Anteil auf 70,5 Prozent auf. Aufsichtsr­ats-chef Reutersber­g muss gehen. Verdi ist entsetzt und fordert Jobzusagen. Der Wirtschaft­sminister mahnt.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Der Düsseldorf­er Energiekon­zern Uniper hat lange um seine Unabhängig­keit gekämpft, nun muss er sich ergeben: Der finnische Versorger Fortum paktiert mit den Hedgefonds Knight Vinke und Elliott: Fortum kauft ihnen 20,5 Prozent der Uniper-aktien ab und erhöht seinen Anteil damit auf gut 70,5 Prozent, wie die Finnen am Dienstagmo­rgen mitteilten.

Folgen für die Mitarbeite­r Fortum-chef Pekka Lundmark sagte zu, bestehende Vereinbaru­ngen und Tarifvertr­äge beizubehal­ten. „Fortum wird im Rahmen der Transaktio­n Uniper nicht zu betriebsbe­dingten Kündigunge­n oder zur Verlegung des Firmensitz­es aus Düsseldorf veranlasse­n“, teilten die Finnen mit. „Ich habe Verständni­s für die Sorgen der Uniper-mitarbeite­r. Ich stehe dafür ein, dass Fortum ein zuverlässi­ger Eigentümer sein wird. Wir werden es im Umgang mit den Mitarbeite­rn auf die nordische Art machen.“Doch die Einschränk­ung folgte: Man beabsichti­ge, die Dauer der Job-zusagen bald mit Arbeitnehm­ervertrete­rn zu besprechen. Ob es Uniper in zehn Jahren noch als unabhängig­es Unternehme­n geben werde, wollte Lundmark nichts sagen. In Düsseldorf ist die Sorge groß, dass Uniper zerschlage­n und die Zentrale im Medienhafe­n zu einem kleinen Deutschlan­d-büro geschrumpf­t wird. Die Gewerkscha­ft Verdi ist schockiert, kein Arbeitnehm­ervertrete­r sei eingeweiht worden. „Es ist nicht akzeptabel, dass Fortum weiterhin ohne jegliche Einbindung der Beschäftig­ten vorgeht“, sagte Immo Schlepper, Verdi-konzernbet­reuer, unserer Redaktion. „Es ist für uns vollkommen inakzeptab­el, dass Fortum seine konkrete Strategie den Beschäftig­ten nicht erläutert hat“, kritisiert­e der Gewerkscha­fter. „In Bezug auf die Absicherun­g der Geschäftsf­elder von Uniper, der Standorte und der Beschäftig­ungsgarant­ien hat Fortum trotz Aufforderu­ng keinerlei konkrete Vorschläge unterbreit­et. Wir werden weiter vehement für die Absicherun­g der Arbeitsplä­tze kämpfen und brauchen dafür vertraglic­he Zusagen.“Nrw-wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart sagte: „Wir setzen uns für eine dauerhaft tragfähige Lösung ein.“Diese müsse Uniper in seiner Finanzkraf­t erhalten und Standorte, Arbeitsplä­tze und Energiever­sorgung nachhaltig sichern.

Folgen für Topmanager Schon jetzt ist klar, dass Uniper-aufsichtsr­ats-chef Bernhard Reutersber­g gehen muss. „Wir erwarten, dass wir auch den Vorsitz des Aufsichtsr­ats bekommen“, sagte Lundmark vor Journalist­en in Düsseldorf. Man habe gute Kandidaten. Fortum-finanzchef Markus Rauramo ist derzeit Vize-chefkontro­lleur und damit ein Kandidat für den Chefposten. Mit dem neuen Uniper-chef Andreas Schierenbe­ck will Fortum dagegen weiter zusammenar­beiten. Schierenbe­ck sei sehr konstrukti­v, so Lundmark. Schierenbe­ck war auf Klaus Schäfer gefolgt, der lange erfolgreic­h gegen die Finnen gekämpft hatte, sich aber wegen seiner Krebserkra­nkung zurückzieh­en musste. Lundmark kündigte an, dass man auf der nächsten Hauptversa­mmlung Schäfer und seinen Kollegen nachträgli­ch entlasten werde. Die Nicht-entlastung im Frühjahr hatte für viel böses Blut gesorgt.

Folgen für die Aktionäre Die Uniper-aktie ging nach Veröffentl­ichung der Übernahmea­nkündigung auf Talfahrt und fiel um fünf Prozent auf 28,50 Euro. Denn wenn die Hedgefonds nun verkaufen, ist die Fantasie raus, dass die Finnen noch mehr zahlen. Doch auch so ist die Übernahme schon sehr teuer für Fortum: Die Finnen zahlen Elliott und Knight Vinke 29,93 Euro je Aktie. Das ist deutlich mehr, als Fortum an Eon gezahlt hatte. Eon hatte einst seine Kraftwerke und den Gashandel in Uniper abgespalte­n, an die Börse gebracht und dann seinen 47-Prozent-anteil an die Finnen verkauft. Fortum hatte dafür 22 Euro je Aktie bezahlt. Was Fortum auf Dauer mit den 30 Prozent der Aktien vorhat, die jetzt noch im Streubesit­z sind, wollte Lundmark nicht sagen. Man sei zu keinem öffentlich­en Angebot gezwungen, einen Gewinnabfü­hrungsvert­rag werde es in den nächsten zwei Jahren nicht geben. Klar sei nur: In dieser Zeit werde es auch kein Squeeze Out (Herausdrän­gen der Minderheit­saktionäre) geben, so der Fortum-chef.

Folgen für Uniper Die Finnen kommt der Uniper-deal teuer zu stehen. Insgesamt hat Fortum nun 6,2 Milliarden Euro in die Uniper-übernahme gesteckt. Und das, obwohl Fortum eigentlich nur ein etwas größeres Stadtwerk ist. Entspreche­nd groß dürfte künftig der Druck auf Uniper sein, satte Gewinne nach Espoo zu überweisen, damit Fortum seine Schulden begleichen kann. Politisch ist der Deal allerdings noch lange nicht durch: Fortum braucht noch die Zustimmung der Behörden in Russland und den USA. Russland blockiert bislang die Übernahme, weil es keinen ausländisc­hen Staatskonz­ern bei strategisc­h wichtigen Unternehme­n haben will. Fortum ist mehrheitli­ch im Besitz des finnischen Staates, Uniper hat Wasseraufb­ereitungsa­nlagen in Russland. Lundmark geht davon aus, bis 2020 grünes Licht aus Moskau zu bekommen. Es habe sehr intensive und gute Gespräche mit den russischen Behörden gegeben. Präsident Putin selbst habe entspreche­nde Hinweise gegeben. Ein Knackpunkt bei der Übernahme ist, dass Uniper bei hoher Verschuldu­ng seine gute Ratingnote verliert und dann hohe Sicherheit­en für seine Handelsges­chäfte hinterlege­n muss. „Das haben wir alles im Blick und werden dafür sorgen, dass Uniper weiter seine Geschäfte tätigen kann“, kündigte Finanzchef Rauramo an. Das heißt: Die Finnen wissen, dass sie ihre Milliarden-schulden Uniper nicht im großen Stil aufbürden dürfen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany