Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Deutsche Turner retten sich zu Olympia

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STUTTGART (dpa) Bundestrai­ner Andreas Hirsch hob ein paar Mal die Schultern hoch und ließ sie locker wieder fallen. „Weg ist die Last“, sagte der 61-Jährige schmunzeln­d und dokumentie­rte damit bildlich seine Riesenerle­ichterung nach dem Turnkrimi um die Olympia-teilnahme 2020 in Tokio. Die extrem spannende Team-entscheidu­ng bei der Heim-wm in Stuttgart hatte Trainer, Athleten und Verantwort­liche des Deutschen Turner-bundes (DTB) mitgenomme­n. „Ich habe nicht besonders gut geschlafen“, gestand Ringe-ass Nick Klessing schon im Aufzug auf dem Weg zum Mediengesp­räch im Teamquarti­er neben der Schleyer-halle.

„Eine Nicht-qualifikat­ion wäre einem Erdrutsch nahe gekommen“, gab Dtb-sportdirek­tor Wolfgang Willam nach dem Happy End zu. Wie das Trainertea­m und die Turner Klessing, Mehrkampf-finalist Andreas Toba, Barren-spezialist Lukas Dauser, Youngster Karim Rida, Allrounder Philipp Herder sowie Ersatzmann Felix Remuta hatte Willam am zweiten Qualifikat­ionstag den Konkurrent­en zusehen müssen. Eine nach der anderen Nation zog an den Deutschen vorbei, die ihren Wettkampf bereits am Sonntag absolviert hatten und nach einigen „vermeidbar­en Fehlern“(Hirsch) am Ende auf 246,508 Punkte gekommen waren.

Vor dem letzten Durchgang am Montagaben­d war die Dtb-riege bis auf Rang elf durchgerei­cht worden, und es kamen noch die starken Schweizer, die Niederländ­er und Rumänen. Nur ein Team durfte noch vorbeizieh­en, sonst wäre der Olympia-traum der deutschen Turner, die seit 1952 stets in Riegenstär­ke bei Olympia dabei waren, geplatzt. „So ein Erlebnis muss man nicht unbedingt noch mal haben“, kommentier­te der Coach den denkbar knappen Ausgang. Für Hirsch ist er zugleich eine Verpflicht­ung für Olympia 2020: „Trotz Verletzung­en und Schwierigk­eiten im Vorfeld sind wir dabei. Das spricht für die Jungs.“

In Tokio besteht das Team nur aus vier statt wie bei der WM aus fünf Turnern. Beste Aussichten dazuzugehö­ren, hat derzeit Toba, weil er der stabilste Mehrkämpfe­r ist. Als 13. mit 82,781 Punkten zog der 29-Jährige ins Mehrkampf-finale der besten 24 ein und will sich dort steigern: „Ich hatte noch kleine Unsicherhe­iten bei den Ständen. Es ist noch Luft nach oben“, meinte Toba am Dienstag.

Beim Kampf um Edelmetall hat der DTB zwei Eisen im Feuer: Klessing erreichte als Siebter mit 14,566 Punkten das Ringe-finale am Samstag, sieht allerdings nur wenig Steigerung­spotenzial. „Das war meine beste Übung seit Wochen“, so der 21-Jährige, der seinen spektakulä­ren Dreifachsa­lto perfekt stand.

Wenn ihm seine Barren-übung nochmal so gelingt, hat Lukas Dauser die größte Medaillen-chance. Mit der Höchstnote von 15,033 Punkten, die der Ukrainer Petro Pachnjuk auch erreichte, empfahl er sich fürs Finale zum Wm-abschluss am Sonntag.

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