Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Wie Kita-kinder vom Umgang mit dem Tablet profitieren
Medienerziehung im digitalen Zeitalter und die Sprachförderung in einer interkulturellen Umgebung fordern die Kitas heraus. Das Projekt Medita bietet neue Ansätze.
Es ist Montagmorgen im Familienzentrum am Gustav-kneist-weg. Die Erzieherinnen Manon Czimmek und Fatma Güngör machen die Tablets bereit, denn gleich beginnt die wöchentliche Medienstunde in der Kindertagesstätte. Bevor sich Clara (5) zur Gruppe gesellt, drückt sie beim Betreten der Kita auf ein unscheinbares Transparent mit lauter Essens-abbildungen am Eingang. „Fischpfanne Neptun“schallt es aus dem Lautsprecher, gefolgt von einer Übersetzung auf Türkisch.
Auf der sogenannten „interaktiven Sprachwand“erfahren die Kinder und ihre Eltern, was es in dieser Woche zum Mittagessen gibt. Bevor die Stunde losgeht, macht Manveet noch Selfies mit Erzieherin Güngör. Der Vierjährige weiß genau, welches Symbol er für den Auslöser drücken muss – schließlich hat die Gruppe in der vergangenen Woche schon zahlreiche Fotos mit dem Tablet für die Erstellung eines Trickfilms geschossen. Yigityetis (4) möchte lieber noch ein bisschen in ein Bilderbuch schauen. Auf dem Gerät erkundet sie die zahlreichen Effekte, welche die bekannte Kindergeschichte „Oh wie schön ist Panama“bei Berührung untermalen.
Medienerziehung im digitalen Zeitalter, Sprachförderung in einer interkulturellen Umgebung – die pädagogischen Herausforderungen für Kitas sind mit der Zeit gewachsen. „Besonders Medien sind in den meisten Familien bereits ein großer Bestandteil und ständig präsent“, sagt Gabriela Brandt. Aus diesem Grund entschied die Leiterin, sich mit der Gerresheimer Kita für das Projekt „Medita – Medien in der Kita“zu bewerben.
Bis Dezember stellt das LVR-ZENtrum für Medien und Bildung dem Familienzentrum und zwei weiteren Kitas im Stadtgebiet einen Medien-rucksack mit Tablet und technischem Zubehör zur Verfügung. Dabei wird die Kita auch von Medientrainern begleitet, die die Erzieher zuvor zwei Tage fortgebildet haben. Das Pilotprojekt möchte nicht nur früh den Umgang der Kinder mit Medien anlernen, da immer mehr Grundschulen Tablets bereits im Unterricht einsetzen. „Wir möchten darüber hinaus die Eltern für das Thema sensibilisieren“, sagt Amina Johannsen, Leiterin des Düsseldorfer Lvr-medienzentrums. Dabei sollen zum Beispiel folgende Fragen beantwortet werden: Wie viel Medien sind genug für das Kind? Welche Risiken verbergen sich dahinter? Welche Chancen können Medien – richtig eingesetzt – bieten?
In den teilnehmenden Kitas ist die Nutzung deswegen direkt mit einem Bildungsauftrag verbunden. Am Gustav-kneist-weg beschäftigt man sich mit dem Thema Ernährung. Die Kinder sollen unter anderem ein digitales Kochbuch erstellen. „Dazu werden wir mal auf einen Markt gehen, kleine Filme drehen und Interviews zu Essensvorlieben untereinander führen. Auch ein Bild-memory zu Obst und Gemüse wollen wir erstellen“, sagt Erzieherin Czimmek. Zum abschließenden Elternabend der dreimonatigen Testphase im Dezember bekommen die Eltern dann das Ergebnis vorgeführt. Ein gezielter Bildungsaspekt, bei dem die Medien das Mittel zur Umsetzung sind und nicht nur bloße Beschäftigungsmöglichkeit. Außerhalb dieser Medienstunde bleibt das Tablet deshalb im Schrank.
„Und bisher ist noch kein Kind gekommen und hat zwischendurch gefragt, ob es das Tablet haben kann“, meint Kollegin Güngör. Es sei wichtig, eine Balance zu halten. Die Kinder sollen früh den Umgang mit Medien lernen, die sie später in der Schule noch viel mehr begleiten werden, ohne überfordert zu sein. Während die Eltern dafür sensibilisiert werden sollen, welches Maß das richtige ist und wie das Kind beispielsweise durch Apps sinnvoll gefördert werden kann. Mütter und Väter seien im Umgang nämlich oft noch viel befangener als ihre Sprösslinge, meint Czimmek. „Da müssen manche Kinder ihren Eltern erst einmal erklären, wie die Apps überhaupt funktionieren.“