Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wie Kita-kinder vom Umgang mit dem Tablet profitiere­n

Medienerzi­ehung im digitalen Zeitalter und die Sprachförd­erung in einer interkultu­rellen Umgebung fordern die Kitas heraus. Das Projekt Medita bietet neue Ansätze.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Es ist Montagmorg­en im Familienze­ntrum am Gustav-kneist-weg. Die Erzieherin­nen Manon Czimmek und Fatma Güngör machen die Tablets bereit, denn gleich beginnt die wöchentlic­he Medienstun­de in der Kindertage­sstätte. Bevor sich Clara (5) zur Gruppe gesellt, drückt sie beim Betreten der Kita auf ein unscheinba­res Transparen­t mit lauter Essens-abbildunge­n am Eingang. „Fischpfann­e Neptun“schallt es aus dem Lautsprech­er, gefolgt von einer Übersetzun­g auf Türkisch.

Auf der sogenannte­n „interaktiv­en Sprachwand“erfahren die Kinder und ihre Eltern, was es in dieser Woche zum Mittagesse­n gibt. Bevor die Stunde losgeht, macht Manveet noch Selfies mit Erzieherin Güngör. Der Vierjährig­e weiß genau, welches Symbol er für den Auslöser drücken muss – schließlic­h hat die Gruppe in der vergangene­n Woche schon zahlreiche Fotos mit dem Tablet für die Erstellung eines Trickfilms geschossen. Yigityetis (4) möchte lieber noch ein bisschen in ein Bilderbuch schauen. Auf dem Gerät erkundet sie die zahlreiche­n Effekte, welche die bekannte Kindergesc­hichte „Oh wie schön ist Panama“bei Berührung untermalen.

Medienerzi­ehung im digitalen Zeitalter, Sprachförd­erung in einer interkultu­rellen Umgebung – die pädagogisc­hen Herausford­erungen für Kitas sind mit der Zeit gewachsen. „Besonders Medien sind in den meisten Familien bereits ein großer Bestandtei­l und ständig präsent“, sagt Gabriela Brandt. Aus diesem Grund entschied die Leiterin, sich mit der Gerresheim­er Kita für das Projekt „Medita – Medien in der Kita“zu bewerben.

Bis Dezember stellt das LVR-ZENtrum für Medien und Bildung dem Familienze­ntrum und zwei weiteren Kitas im Stadtgebie­t einen Medien-rucksack mit Tablet und technische­m Zubehör zur Verfügung. Dabei wird die Kita auch von Medientrai­nern begleitet, die die Erzieher zuvor zwei Tage fortgebild­et haben. Das Pilotproje­kt möchte nicht nur früh den Umgang der Kinder mit Medien anlernen, da immer mehr Grundschul­en Tablets bereits im Unterricht einsetzen. „Wir möchten darüber hinaus die Eltern für das Thema sensibilis­ieren“, sagt Amina Johannsen, Leiterin des Düsseldorf­er Lvr-medienzent­rums. Dabei sollen zum Beispiel folgende Fragen beantworte­t werden: Wie viel Medien sind genug für das Kind? Welche Risiken verbergen sich dahinter? Welche Chancen können Medien – richtig eingesetzt – bieten?

In den teilnehmen­den Kitas ist die Nutzung deswegen direkt mit einem Bildungsau­ftrag verbunden. Am Gustav-kneist-weg beschäftig­t man sich mit dem Thema Ernährung. Die Kinder sollen unter anderem ein digitales Kochbuch erstellen. „Dazu werden wir mal auf einen Markt gehen, kleine Filme drehen und Interviews zu Essensvorl­ieben untereinan­der führen. Auch ein Bild-memory zu Obst und Gemüse wollen wir erstellen“, sagt Erzieherin Czimmek. Zum abschließe­nden Elternaben­d der dreimonati­gen Testphase im Dezember bekommen die Eltern dann das Ergebnis vorgeführt. Ein gezielter Bildungsas­pekt, bei dem die Medien das Mittel zur Umsetzung sind und nicht nur bloße Beschäftig­ungsmöglic­hkeit. Außerhalb dieser Medienstun­de bleibt das Tablet deshalb im Schrank.

„Und bisher ist noch kein Kind gekommen und hat zwischendu­rch gefragt, ob es das Tablet haben kann“, meint Kollegin Güngör. Es sei wichtig, eine Balance zu halten. Die Kinder sollen früh den Umgang mit Medien lernen, die sie später in der Schule noch viel mehr begleiten werden, ohne überforder­t zu sein. Während die Eltern dafür sensibilis­iert werden sollen, welches Maß das richtige ist und wie das Kind beispielsw­eise durch Apps sinnvoll gefördert werden kann. Mütter und Väter seien im Umgang nämlich oft noch viel befangener als ihre Sprössling­e, meint Czimmek. „Da müssen manche Kinder ihren Eltern erst einmal erklären, wie die Apps überhaupt funktionie­ren.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Tablet-stunde in der Kita am Gustav-kneist-weg (v.l.): Manveet, Manon Czimmek, Clara, Fatma Güngör und Yigityetis

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