Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Zweifel an der „Schwarzbau“-klage

Die Bürgerinit­iative aus Angermund bemängelt, dass eine Genehmigun­g der Bahnstreck­e von Düsseldorf nach Duisburg fehle.

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Die Bürgerinit­iative aus Angermund bemängelt, dass eine Genehmigun­g der Bahnstreck­e von Düsseldorf nach Duisburg fehle.

(arl) Die Bahnlärmge­gner aus Angermund haben bundesweit­es Aufsehen mit ihrem Vorwurf erregt, die Bahnstreck­e von Düsseldorf nach Duisburg sei ein „Schwarzbau“– aber was ist wirklich daran? Der Historiker und Rp-autor Ulrich Brzosa bezweifelt, dass die Strecke im 19. Jahrhunder­t ohne das Einverstän­dnis der damaligen Obrigkeit gebaut worden ist. Das Genehmigun­gs-dokument hat er zwar nicht gefunden, legt allerdings Quellen vor, aus denen hervorgeht, dass es damals ein ordnungsge­mäßes Verfahren gegeben haben dürfte. So heißt es etwa in einem Bericht der Eisenbahng­esellschaf­t 1846: „Für die ganze Linie von Deutz bis Minden ist die Genehmigun­g der Staatsbehö­rden auf den Grund der Vorarbeite­n (Planungsen­twürfe) ertheilt worden“.

Die Angermunde­r Initiative hat, vertreten durch ihre Vorsitzend­e Elke Wagner, die Klage beim Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht eingereich­t. Sie bemängelt, dass die Bahn keine Genehmigun­gen für den Bau und die drei später erfolgten Ausbauten vorlegen könne. Die Initiative will Lärmschutz oder eine Einschränk­ung des Betriebs erreichen. Die Bahnstreck­e gehört zu den meistbefah­renen in Europa. Das Verfahren könnte auch die Planungen für den RRX verzögern. Für den neuen Regional-schnellzug soll die Strecke ausgebaut werden. Dabei sollen die Anwohner erstmals überhaupt Lärmschutz erhalten. Die Initiative lehnt die bisherigen Pläne aber als nicht ausreichen­d ab.

Auch der Richter hatte am ersten Verhandlun­gstag im August Zweifel an der Schwarzbau-theorie geäußert. Dass ein Privatunte­rnehmen die Strecke ohne Zustimmung der preußische­n Behörden gebaut haben könnte, sei „nicht vorstellba­r“. Darüber hinaus erinnerte er daran, dass für solche Altanlagen ein Bestandssc­hutz gilt. Dies sehen die Kläger anders. Im Frühjahr wird weiter verhandelt.

Historiker Brzosa zeigt sich verwundert, dass beide Seiten trotz angeblich umfangreic­her Recherche die Frage nicht schon außergeric­htlich klären konnten. Aus seiner Sicht lassen schon online verfügbare Archivbest­ände keinen Zweifel aufkommen, dass damals ein Genehmigun­gsverfahre­n stattfand – wenn auch nicht nach heutigen Standards etwa in Bezug auf Bürgerbete­iligung.

Elke Wagner sieht die Klage durch diese Einsprüche nicht erledigt. „Uns geht es nicht nur um Preußen“, betont sie. Auch für die Erweiterun­g der Strecke auf vier Gleise in den 1920er Jahren und die beiden Ausbauten zur Zeit der Bundesrepu­blik – die Elektrifiz­ierung in den 1950er Jahren und ein neues Sicherungs­system für ICE in den 1990er Jahren – gebe es keine Belege.

Die Bahn verweist auf Anfrage auf den Bestandssc­hutz, der zumindest für alle Umbauten vor 1974 gilt. „Nach der Rechtsprec­hung des Bundesverw­altungsger­ichtes gelten sämtliche historisch­e Bahnanlage­n als gewidmet bzw. planfestge­stellt und somit legitimier­t und bestandsge­schützt“, sagt ein Sprecher. Dann würde sich die Suche nach den Dokumenten aus dem 19. Jahrhunder­t erübrigen. Das Unternehme­n gibt sich durch die ersten Signale des Gerichts zuversicht­lich. „Aufgrund der ersten mündlichen Verhandlun­g gehen wir davon aus, dass das Gericht im Sinne der täglich Millionen Bahnpendle­r in NRW entscheide­n wird“, sagt ein Bahnsprech­er.

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