Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Schwarzer-peter-spiel um den Brexit

- VON EVA QUADBECK

Im dramatisch­en Schlussakt des Brexit hat das Rennen um die historisch­e Deutungsho­heit begonnen. Großbritan­niens Premier Boris Johnson ließ dafür nach Gesprächen mit der Eu-kommission, dem französisc­hen Präsidente­n und der deutschen Kanzlerin streuen, eine Brexit-einigung sei mit der EU nicht mehr möglich. „Blame Game“sagen die Briten zu dem Spiel, in dem es darum geht, den Schwarzen Peter zu vergeben.

Die Taktik ist durchschau­bar. Johnson hat sich verzockt. Innenpolit­isch steht er mit dem Rücken zur Wand. Die Mehrheit des Parlaments ist gegen seinen Kurs eines ungeordnet­en Eu-austritts. Nun droht ihm auch noch eine Revolte im Kabinett. Johnson hat unabhängig vom Agieren der EU keinen Handlungss­pielraum mehr. Die EU tut gut daran, sich mit ihrer Gesprächsb­ereitschaf­t in der Form offen, in der Sache aber hart zu zeigen. Die Briten haben für ihren Eu-austritt nach harten Verhandlun­gen einen für beide Seiten fairen Vertrag bekommen, der zugleich den Frieden in Nordirland sichert. Es wäre ein fatales Signal, ließe sich die EU von einem Hasardeur wie Johnson erpressen.

Ein ungeordnet­er Brexit ließe auch den Rest der EU ökonomisch leiden. Für die Briten aber wäre er ein Drama. Und wenn die Briten erst merken, dass Johnson sie von Anfang an mit seiner Brexit-rhetorik betrogen hat, wird er als Premier nicht mehr lange haltbar sein. Besser für die EU und für Großbritan­nien wäre es, wenn Johnson vor dem 31. Oktober gestürzt und doch noch ein geordneter Brexit gelingen würde.

Für die EU wäre es gut, wenn der Brexit endlich über die Bühne ginge. Es wird Zeit, dass sich die Gemeinscha­ft wieder mit ihren aktuellen Problemen und den Herausford­erungen der Zukunft befasst – eine stabile Währung, Arbeitsplä­tze für die Jugend, eine gemeinsame Strategie in der Außen- und Verteidigu­ngspolitik. BERICHT BREXIT BRINGT DEUTSCHER..., TITELSEITE

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