Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der Bäckerei-notfall

Schade, dass es keine Studien darüber gibt, wie sehr rabiates Parken vor Bäckereien und Banken den Verkehr ausbremst.

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Weil ich kein Freund von Gekeife im Straßenver­kehr bin, habe ich die Taxifahrer­in ganz freundlich gefragt, ob das jetzt wirklich nötig war. Die Dame hatte ihr Auto auf der Grafenberg­er Allee direkt vor der Kreuzung am Wehrhahn abgestellt – und zwar so, dass der komplette Radweg und große Teile des Gehsteigs blockiert waren. Erlaubt ist das natürlich nicht. Und so mussten wir Radfahrer uns irgendwie vorbeiquet­schen über eine der meistbefah­renen und unfallträc­htigsten Kreuzungen der Stadt.

Die Taxifahrer­in streckte mir auf meine Nachfrage die Hände fast flehentlic­h entgegen und sagte scheinbar reumütig „Bitte! Entschuldi­gung! Nur eine Minute!“Als ich einige Meter weiter an der Ampel wartete, drehte ich mich noch mal neugierig um. Vielleicht hatten hinten im Taxi gehbehinde­rte Fahrgäste gesessen? Nein. Die Frau hatte sich bei dem Bäcker, vor dessen Eingangstü­r sie ihren Parkplatz erfunden hatte, in die Schlange eingereiht. Es handelte sich offenbar nur um einen Hunger-notfall.

Nicht falsch verstehen: In vielen Fällen finde ich Falschpark­en nicht dramatisch. Wer eine Standuhr in die Wohnung tragen muss, hat gute Gründe, mal kurz das Auto in der zweiten Reihe zu parken, solange es niemanden ernsthaft behindert. Anders verhält es sich mit den täglich zu erlebenden Fällen, in denen Autofahrer aus Bequemlich­keit die verrücktes­ten Gefahrensi­tuationen schaffen. Kürzlich habe ich gesehen, wie ein dem Augenschei­n nach normal bewegliche­r Mann mit Warnblinka­nlage mitten auf einer Hauptstraß­e vor einer Bank hielt, um Geld zu holen. Neben dem Bäckerei-besuch ist der Gang zum Geldautoma­t vermutlich der verbreitet­ste Alltags-notfall.

Auch schön: Schon etliche Male habe ich auf der Schadowstr­aße mitbekomme­n, wie sich der Verkehr um ein Auto herumfädel­n musste, das auf der Fahrbahn geparkt war, obwohl die daneben liegende Parklücke frei war. Offenbar hatten die jeweiligen Fahrer schlicht keine Lust, für die paar Minuten extra einzuparke­n.

Vielleicht wäre das mal eine Untersuchu­ng wert. Alle reden darüber, wie Ampelschal­tungen den Verkehrsfl­uss beeinfluss­en. Aber wie viele Verzögerun­gen und Unfälle werden durch rabiates Bequemlich­keits-parken verursacht? Und hat diese Unart eigentlich zugenommen? Vielleicht bremst am Ende nichts den Verkehr so sehr aus wie Bäckereien und Banken – und der Teil ihrer Besucher, der alles tut, um selbst kürzeste Fußwege zu vermeiden. Arne Lieb

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