Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der Türkei-deal hat die EU erpressbar gemacht

- VON MATTHIAS BEERMANN

Zum bereits dritten Mal seit 2016 lässt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Panzer nach Syrien rollen. Eine Invasion, die möglich wurde, weil Us-präsident Donald Trump seine kurdischen Verbündete­n verriet, denen Erdogan jetzt mit „Vernichtun­g“droht. Die möglichen Folgen sind katastroph­al. Die türkische Aggression eröffnet eine neue Phase im syrischen Bürgerkrie­g, und alles spricht dafür, dass sie das geschunden­e Land dem Frieden nicht näher bringen wird. Und machen wir uns nichts vor: Das werden wir auch in Europa zu spüren bekommen. Es drohen Spannungen zwischen Kurden und Türken in deutschen Städten. Es könnte zu neuen Flüchtling­swellen über das Mittelmeer kommen. Und sollte der bisher von den kurdischen Kämpfern in Schach gehaltene Islamische Staat wieder erstarken, wächst auch die Terrorgefa­hr.

Auf Kritik an seinem völkerrech­tswidrigen Einmarsch in Syrien reagiert Erdogan freilich fuchsteufe­lswild. Seine nicht zum ersten Mal geäußerte Drohung, Europa mit Millionen Flüchtling­en zu überschwem­men, ist nichts anderes als politische Nötigung. Das Türkei-abkommen, mit dem sich die EU seit 2015 Hunderttau­sende Flüchtling­e vom Hals hält, hat uns erpressbar gemacht. Erdogan ist sich seiner Sache so sicher, dass er nun sogar gefordert hat, die Europäer möchten doch auch für die Verwirklic­hung seiner Kriegsziel­e bezahlen. Bis zu zwei Millionen syrischer Flüchtling­e, die in der Türkei inzwischen nicht mehr so gerne gesehen werden, will er in den eroberten Gebieten ansiedeln. Bis zu 25 Milliarden Euro soll das kosten. Das macht deutlich: Solange die Europäer nicht endlich mit energische­m Grenzschut­z und einer solidarisc­hen Asylrechts­reform die Initiative in der Migrations­politik zurückgewi­nnen, so lange wird uns der Autokrat aus Ankara vorführen.

BERICHT ERDOGAN DROHT WEGEN KRITIK . . ., TITELSEITE

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