Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Goethe setzt aktuelle Modetrends

Die Farbenlehr­e des Dichters inspiriert­e das Modelabel Akris in dieser Saison. Das Goethe-museum präsentier­t neue Looks.

- VON ANNE HARNISCHMA­CHER

Minimalist­ische Gestaltung und Styles mit modernem Colorblock­ing: Im Frühjahr präsentier­te das Schweizer Modehaus Akris auf der Fashion Week in Paris seine Prêt-à-porter-kollektion für den Herbst/winter 19/20 mit auffallend geradlinig­em Design und farbigen Prints. Die mit „Colorama“, „Kaleidosco­pe“und „Panoply“betitelten Looks scheinen sich durch ihre moderne Schlichthe­it an der Bauhausäst­hetik der 1920er Jahre zu orientiere­n. Oder an der Pop-art der 1960er Jahre, aufgrund der leuch

Akris steht für schnörkell­ose, geradlinig­e Designs und luxuriöse Kleidung für die Frau

tenden Farben und der beinahe futuristis­ch anmutenden Outfits. Tatsächlic­h inspiriert­en Chefdesign­er Albert Kriemler für diese Kollektion Entwürfe, die vor über 200 Jahren entstanden sind. Genauer gesagt sind es drei Farbtafeln aus Goethes Werk „Zur Farbenlehr­e“aus dem Jahr 1810. In der Sonderauss­tellung „Farbenlehr­e For Fashion“sind bis zum 3. November die Goethe-looks der aktuellen Akris-kollektion im Goethe-museum Düsseldorf zu sehen.

„Ich habe ein Foto der Akris-präsentati­on gesehen und sofort gedacht: Das ist Goethe“, sagt Barbara Steingieße­r, Kuratorin der Sonderauss­tellung. Kleider, Röcke, Mäntel, Hosenanzüg­e und Einteiler gehören zu der Kollektion. Farbfläche­n finden als Rosshaar-intarsien auf Double-face-mäntel Platz. Das „Panoply“-muster zeigt die Tafel Nr. 1 aus dem Sammelband „Farbenlehr­e“, bei dem die Kupferstic­h-vorlage durch ein Print-verfahren auf das Gewebe übertragen wurde. Auch die strengen, geometrisc­hen Formen der Farbenlehr­e spiegeln sich in den Schnitten und Mustern. Begeistert von der zufälligen Entdeckung nahm Barbara Steingieße­r im Frühjahr über das Goethe-museum Kontakt zum Modehaus auf. Akris-chefdesign­er Albert Kriemler war schnell angetan von der Idee, die Looks im Goethe-museum auszustell­en.

Die Ausstellun­g soll vor allem zeigen, so Barbara Steingieße­r, wie modern und seiner Zeit voraus Goethe war und in welcher Vielseitig­keit sich sein Schaffen heutzutage noch zeigt. Das werde durch die Mode von Akris deutlich, „denn es gibt nichts aktuellere­s, als die aktuelle Mode“, sagt die Kuratorin. Dennoch sei es eine Herausford­erung gewesen, die Ausstellun­g in so kurzer Zeit zu organisier­en. „Es lag uns jedoch am Herzen, die Mode entspreche­nd zur Saison zu präsentier­en.“Es ist das erste Mal, dass das Museum eine Prête-à-porter-kollektion zeigt. „Bei allen Sonderauss­tellungen muss es einen direkten Goethe-bezug geben.“Mit der Sammlung und der aktuellen Mode schlage das Museum einen Bogen über die Jahrhunder­te, so die Kuratorin.

Die „Farbenlehr­e For Fashion“-ausstellun­g umfasst drei Räume. Im ersten lernt der Besucher die Entwürfe und Tafeln Goethes kennen, die er für optische Experiment­e mit gläsernen Dreikantpr­ismen einsetzte. Im zweiten Raum sind die Mannequins ausgestell­t,

die ausgewählt­e Looks der aktuellen Akris-kollektion präsentier­en. Ein Film zeigt in Raum drei unter anderem Ausschnitt­e von der Pariser Modenschau, bei der die Styles in Bewegung zu sehen sind. „Das ist besonders spannend. Die strengen, geometrisc­hen Formen werden in Bewegung zum Leben erweckt“, sagt Barbara Steingieße­r.

Das Modelabel Akris wurde 1922 von Alice Kriemler-schoch, der Großmutter von Albert Kriemler, in St. Gallen gegründet. Seither steht

das Schweizer Unternehme­n für schnörkell­ose, geradlinig­e Designs und luxuriöse und moderne Kleidung für die Frau. Das Modehaus zeichnet sich besonders durch seine Doubleface-produkte aus, das Doppelgewe­be hat eine blinde Naht, und kann beidseitig getragen werden. Albert Kriemler lässt sich bei seinen Arbeiten immer wieder von Werken der bildenden Kunst oder Architektu­r inspiriere­n. „Er sagte, an Goethes Farbtafeln habe ihn ihre Modernität fasziniert“, so Barbara Steingieße­r. Dass der Betrachter mit der aktuellen Kollektion eher Bauhaus oder Pop-art assoziiert, bestätigt den Modeschöpf­er in seiner Ansicht. Steingieße­r sieht eine Annäherung des Designers an den Dichter: „Kriemler sagt, seine Mode solle zeitlos, im Sinne von ‚nicht datierbar’ sein, Goethes Auffassung von Zeitlosigk­eit ist im eigentlich­en Sinne klassisch, das heißt für jetzt und für alle Zeit vollkommen gültig“.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Das Goethe-museum mit Kuratorin Barbara Steingieße­r präsentier­t erstmalig aktuelle Mode, die von Werken Goethes inspiriert wurde.

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