Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Prozess um tödliche Raserei verzögert sich

18-Jähriger steht in Darmstadt vor Gericht.

- VON SONJA JORDANS

Frühestens im November wird das Urteil im Fall des 18-Jährigen erwartet, der auf einem Autobahnpa­rkplatz den Tod einer Düsseldorf­erin verursacht haben soll. Für den Unfallfahr­er geht es um alles. Die Anklage lautet auf Mord.

Auf der Flucht vor der Polizei soll er am Abend des 30. Dezember 2018 auf den Parkplatz „Fuchsbucke­l“an der A5 nahe Heppenheim (Bergstraße) gerast sein, wo ein Familienva­ter aus Düsseldorf gerade auf der Toilette war. Als der 18-Jährige mit knapp 150 km/h auf den stehenden Wagen der Familie prallte, saßen Mutter und Sohn auf der Rückbank. Beide wurden schwer verletzt, die Mutter starb wenig später.

Der 18-jährige Unfallveru­rsacher hatte sich zu Prozessbeg­inn bei dem Vater, der als Nebenkläge­r auftritt, entschuldi­gt. Er habe niemals jemanden verletzen oder töten wollen, hatte er beteuert. Doch für die Staatsanwa­ltschaft steht fest: Der Angeklagte habe in Kauf genommen, bei seiner Flucht Unbeteilig­te zu gefährden oder sogar zu töten. Die Folgen seiner Fahrt seien ihm gleichgült­ig gewesen.

Prozessbet­eiligte erlebten den Angeklagte­n bislang als Jugendlich­en, der deutlich unreifer wirkt als andere 18-Jährige. Aus offenbar wohlhabend­em Elternhaus stammend, scheint er zwar verwöhnt, aber auch früh sich selbst überlassen worden zu sein. Sein Vater habe in ihm die Lust auf Autos geweckt, als er ihn erstmals hinter das Steuer des Familienau­tos gelassen habe, so der Angeklagte. Damals sei er zehn Jahre alt gewesen. Obwohl er nicht im Besitz eines Führersche­ins war, habe er immer geglaubt, über genügend Fahrpraxis zu verfügen, sei einmal sogar mit dem Auto des Vaters nach Hamburg und zurück gefahren.

Am Unfalltag war der 18-Jährige in einem extra für Spritztour­en mit der Clique gekauften Auto unterwegs. Die Polizei wollte ihn wegen eines abgelaufen­en Kurzzeit-kennzeiche­ns kontrollie­ren. Da war er geflüchtet. Die Polizei folgte ihm, als er plötzlich auf den Parkplatz abbog. Ein Video aus dem Streifenwa­gen zeigt für diesen Moment eine Geschwindi­gkeit von 148km/h. Die Polizisten hielten auf dem Standstrei­fen. Im Rückspiege­l hätten sie einen Aufprall gesehen. Als sie auf dem Parkplatz ankamen, hätten sie „ein Schlachtfe­ld“vorgefunde­n.

Sollte der Angeklagte, der zum Zeitpunkt des Unfalls erst wenige Wochen 18 Jahre alt war, wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm eine Jugendstra­fe von bis zu zehn Jahren. Der Anwalt des Nebenkläge­rs hatte zu Prozessbeg­inn erklärt, sein Mandant erwarte zwar eine „gerechte Strafe“– es komme ihm jedoch nicht unbedingt auf ein Mord-urteil an: „Auch sein Leben ist zerstört.“

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