Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

NRW lockt Lehrer mit Zuschlag

Im Kampf gegen den Lehrermang­el können Schulen mit besonders großer Personalno­t bei Neueinstel­lungen künftig mehr Geld anbieten. Lehrerverb­änden geht das nicht weit genug.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Schulen mit besonders großer Personalno­t können Lehrern in Nordrhein-westfalen künftig Gehaltszus­chläge anbieten. Lehrer, die sich für eine solche Schule entscheide­n, könnten von 2020 an für zweieinhal­b Jahre mit Zuschlägen von monatlich 350 Euro brutto rechnen, sagte Nrw-schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag. Ziel sei es, bis zu 1700 Lehrkräfte für Schulen in Regionen mit hohem Bedarf wie etwa im Ruhrgebiet zu gewinnen.

Gebauer will damit den verbreitet­en Lehrermang­el bekämpfen, unter dem Schulen in sozial benachteil­igten Vierteln – das sind in NRW etwa 1000 – besonders stark leiden. Zum Schuljahre­sbeginn war an Grundschul­en nur jede zweite der rund 3000 ausgeschri­ebenen Stellen besetzt. Ebenfalls sehr stark betroffen sind Förderschu­len. Dort konnte zum Schuljahre­sbeginn nur für jede dritte freie Stelle ein Lehrer gefunden werden. An Grund- und Förderschu­len, Berufskoll­egs und in der Sekundarst­ufe I fehlen in den nächsten zehn Jahren Prognosen zufolge 15.000 Lehrer. Dagegen wird für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschu­len ein deutlicher Überhang von rund 16.000 Bewerbern erwartet.

Künftig können Schulen, die eine Lehrerstel­le erfolglos ausgeschri­eben haben, diese noch einmal mit einem Zuschlag ausschreib­en. Die Landesregi­erung veranschla­gt dafür von 2020 bis 2022 landesweit insgesamt 17 Millionen Euro. Zugleich soll die Hinzuverdi­enstgrenze für pensionier­te Lehrer bis Ende 2024 ausgesetzt bleiben und Seiteneins­teigern ihre bisherige Berufserfa­hrung stärker angerechne­t werden. Damit werden sie von Beginn an beim Gehalt höher eingestuft. „Der Lehrermang­el ist und bleibt eine große Herausford­erung“, sagte die Schulminis­terin.

Im Kampf gegen den Lehrermang­el hatte die Schulminis­terin auch zuvor schon neue Wege eingeschla­gen: Lehrer der Sekundarst­ufe I erhalten eine Zusage für eine feste Stelle, wenn sie zunächst an Grundschul­en arbeiten. Alternativ können sie künftig aber auch in der Primarstuf­e bleiben und dort verbeamtet werden. Zudem werden in dieser Wahlperiod­e neue Studienplä­tze geschaffen – 700 für Grundschul­lehrer und 750 für Sonderpäda­gogen.

Lehrerverb­ände und die Opposition im Landtag begrüßten die neuen Maßnahmen zwar grundsätzl­ich. Das Übel werde aber nicht an der Wurzel gepackt, kritisiert­e Brigitte Balbach, Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Lehrer NRW, die vor allem Lehrer der Sekundarst­ufe I vertritt. Das Kernproble­m bleibe die ungleiche Besoldung. Balbach fürchtet zudem, dass eine Gehaltszul­age zu Unfrieden in den Kollegien führen werde: „Denn dort bekommen dann andere weniger Geld, die an der gleichen Schule schon seit Jahren engagiert arbeiten.“

Ähnlich äußerte sich die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, Maike Finnern. Zwar seien die Zuschläge grundsätzl­ich zu befürworte­n. Es sei aber problemati­sch, dass sie befristet seien und nur bei Neueinstel­lungen gezahlt würden. In Schleswig-holstein hätten Zuschläge nur mäßigen Erfolg gebracht.

Die schulpolit­ische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, bezeichnet­e es als enttäusche­nd, dass die gleiche Besoldung für Grundschul­und Lehrer der Sekundarst­ufe I weiter auf sich warten lasse: „Somit gehen die Lehrkräfte, die schon lange an diesen Schulen arbeiten, immer noch leer aus.“

Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany