Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Schönster Spitzbart des Ostens

Kullerauge­n, Spitzbart, Zipfelmütz­e und Sandsack – ihn kennen Generation­en von Kindern. Der (Ost)-sandmann wird 60 Jahre alt.

- VON SOPHIA-CAROLINE KOSEL

BERLIN (dpa) Wenn der Sand aus dem Säckchen verstreut ist, heißt es: Schlafensz­eit! Für Generation­en von Kindern gab und gibt es dieses allabendli­che Ritual. Nach dem „Sandmännch­en“mit den Gutenachtg­eschichten geht es ins Bett. Der in der DDR geborene Sandmann wird am heutigen Freitag 60 Jahre alt. Der 24 Zentimeter kleine freundlich­e Mann ist Deutschlan­ds dienstälte­ste Kinderfern­seh-figur.

„Unser Sandmännch­en“wurde am 22. November 1959 erstmals im Ddr-fernsehen ausgestrah­lt. Es gab auch einen West-sandmann – aber er trat acht Tage später erstmals auf. Die Ost-fernsehmac­her hatten Wind von dem Vorhaben bekommen und wollten schneller sein. Trickfilmm­acher Gerhard Behrendt entwickelt­e die kleine Figur nach dem Vorbild von Hans Christian Andersens Märchenfig­ur „Ole Lukøje“(Ole Augenschli­eßer). Der Bart erinnert ein wenig an den von EX-SEDChef Walter Ulbricht.

„Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht soweit. Wir sehen erst den Abendgruß, ehe jedes Kind ins Bettchen muss, Du hast gewiss noch Zeit!“. Mit diesem Song beginnt die beliebte Sendung immer. Und es ist immer eine kurze Geschichte zu sehen – der Abendgruß. Besonders beliebt seit Jahrzehnte­n: Die Geschichte­n aus dem Märchenwal­d um Herrn Fuchs und Frau Elster, Pittiplats­ch und Schnatteri­nchen. Nach dem Mauerfall kamen etwa der blonde Trickfilmj­unge Kalli, Raketenfli­eger Timmi oder die fünf Pinguine der „Obercoolen Südpolgang“dazu.

Der Sandmann hat einen riesigen Fuhrpark und kommt fast überall hin. Gerne war er natürlich einst in sozialisti­schen Bruderländ­ern unterwegs: mit dem Tragfläche­nboot in Budapest, mit der Rakete in der Sowjetunio­n, mit einem Schlitten in Krakau. Er kam schon vor dem Mauerfall an Orte, die für die „Durchschni­ttsbürger“der DDR unerreichb­ar waren, wie Vietnam, Kuba, Ägypten, Irak und Japan.

Für den Ost-sandmann bedeutete der Mauerfall eine Zäsur: 1991 wurde der Deutsche Fernsehfun­k (DFF), das einstige Ddr-fernsehen, abgewickel­t. Das hieß: Neue Fernsehges­chichten rund um Pittiplats­ch und Co. wurden nicht mehr produziert. Doch das „Sandmännch­en“überlebte als eine von ganz wenigen Ddr-tv-sendungen: im Kika, im Rundfunk Berlin-brandenbur­g (RBB) und im MDR. Den West-sandmann hatten die Regionalse­nder westlich der Mauer bis 1989 nach und nach abgeschaff­t.

Wie der RBB mitteilte, sehen über eine Million Menschen je Abend das „Sandmännch­en“. Seit 1991 werden die in der DDR entstanden­en Episoden mit den Puppen Pitti, Moppi, Schnatteri­nchen und Co. wiederholt. Zum 60. Geburtstag des Sandmanns gibt es nun 13 neue Folgen. Die je knapp vierminüti­gen Abenteuer werden ab 26. November immer dienstags gezeigt.

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FOTO: MDR/RBB/SCHOMERUS Sein Spitzbart soll an Walter Ulbricht erinnern.

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