Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Schönster Spitzbart des Ostens
Kulleraugen, Spitzbart, Zipfelmütze und Sandsack – ihn kennen Generationen von Kindern. Der (Ost)-sandmann wird 60 Jahre alt.
BERLIN (dpa) Wenn der Sand aus dem Säckchen verstreut ist, heißt es: Schlafenszeit! Für Generationen von Kindern gab und gibt es dieses allabendliche Ritual. Nach dem „Sandmännchen“mit den Gutenachtgeschichten geht es ins Bett. Der in der DDR geborene Sandmann wird am heutigen Freitag 60 Jahre alt. Der 24 Zentimeter kleine freundliche Mann ist Deutschlands dienstälteste Kinderfernseh-figur.
„Unser Sandmännchen“wurde am 22. November 1959 erstmals im Ddr-fernsehen ausgestrahlt. Es gab auch einen West-sandmann – aber er trat acht Tage später erstmals auf. Die Ost-fernsehmacher hatten Wind von dem Vorhaben bekommen und wollten schneller sein. Trickfilmmacher Gerhard Behrendt entwickelte die kleine Figur nach dem Vorbild von Hans Christian Andersens Märchenfigur „Ole Lukøje“(Ole Augenschließer). Der Bart erinnert ein wenig an den von EX-SEDChef Walter Ulbricht.
„Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht soweit. Wir sehen erst den Abendgruß, ehe jedes Kind ins Bettchen muss, Du hast gewiss noch Zeit!“. Mit diesem Song beginnt die beliebte Sendung immer. Und es ist immer eine kurze Geschichte zu sehen – der Abendgruß. Besonders beliebt seit Jahrzehnten: Die Geschichten aus dem Märchenwald um Herrn Fuchs und Frau Elster, Pittiplatsch und Schnatterinchen. Nach dem Mauerfall kamen etwa der blonde Trickfilmjunge Kalli, Raketenflieger Timmi oder die fünf Pinguine der „Obercoolen Südpolgang“dazu.
Der Sandmann hat einen riesigen Fuhrpark und kommt fast überall hin. Gerne war er natürlich einst in sozialistischen Bruderländern unterwegs: mit dem Tragflächenboot in Budapest, mit der Rakete in der Sowjetunion, mit einem Schlitten in Krakau. Er kam schon vor dem Mauerfall an Orte, die für die „Durchschnittsbürger“der DDR unerreichbar waren, wie Vietnam, Kuba, Ägypten, Irak und Japan.
Für den Ost-sandmann bedeutete der Mauerfall eine Zäsur: 1991 wurde der Deutsche Fernsehfunk (DFF), das einstige Ddr-fernsehen, abgewickelt. Das hieß: Neue Fernsehgeschichten rund um Pittiplatsch und Co. wurden nicht mehr produziert. Doch das „Sandmännchen“überlebte als eine von ganz wenigen Ddr-tv-sendungen: im Kika, im Rundfunk Berlin-brandenburg (RBB) und im MDR. Den West-sandmann hatten die Regionalsender westlich der Mauer bis 1989 nach und nach abgeschafft.
Wie der RBB mitteilte, sehen über eine Million Menschen je Abend das „Sandmännchen“. Seit 1991 werden die in der DDR entstandenen Episoden mit den Puppen Pitti, Moppi, Schnatterinchen und Co. wiederholt. Zum 60. Geburtstag des Sandmanns gibt es nun 13 neue Folgen. Die je knapp vierminütigen Abenteuer werden ab 26. November immer dienstags gezeigt.