Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Ich wünsche mir, dass Qiagen unabhängig bleibt“

Der Gründer des Biotech-konzerns über potenziell­e Investoren und die Gefahr, dass sie die Zentrale in Hilden schließen.

- ANTJE HÖNING FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

HILDEN Professor Detlev Riesner, der an der Uni Düsseldorf forschte und lehrte, war einer der Gründer von Qiagen. Lange hat er den Aufstieg des Unternehme­ns als Aufsichtsr­ats-chef begleitet. Heute ist er nur noch Kleinaktio­när, verfolgt die Entwicklun­g seines Biotech-babys aber weiter und ist in der Branche gut vernetzt. Wir sprachen mit ihm über den Übernahmek­ampf, der um den Hildener Konzern entbrennt.

Droht Qiagen eine Übernahme? RIESNER Drohen ist das falsche Wort. Ich wünsche mir, dass Qiagen unabhängig bleibt. Wenn Qiagen aber übernommen werden sollte, wäre ein Übernahmek­ampf nichts Schlechtes: Ein Übernahmek­ampf treibt den Preis, das ist gut für die Aktionäre. Und die Arbeitnehm­ervertrete­r können in Verhandlun­gen mehr heraushole­n.

Wurde Qiagen von den Offerten überrascht?

RIESNER Qiagen hat als erfolgreic­hes Unternehme­n stets damit gerechnet, Ziel einer Übernahme zu werden. Auch um das zu verhindern, hatte Vorstandsc­hef Peer Schatz das Unternehme­n immer wieder diversifiz­iert. Das macht eine Übernahme für Konkurrent­en, die nur an einem speziellen Geschäft interessie­rt sind, unattrakti­ver.

Was halten Sie von möglichen Käufern, über die spekuliert wird? RIESNER Ich weiß nicht, wer die Bieter sind. Allgemein kann man sagen: Eine Firma wie Roche kann Qiagen aus kartellrec­htlichen Gründen nicht übernehmen. Merck hat gerade große Zukäufe gestemmt. Siemens Healthinee­rs hat andere Pläne. Dass die Konkurrent­en Thermo Fisher und Illumina interessie­rt sind, kann ich mir gut vorstellen. Früher wäre die Biotech-sparte von General Electric ein Kandidat gewesen, die Sparte wurde an Danaher verkauft. Womöglich sind auch ganz andere Firmen im Rennen.

Wie gut sind Mitarbeite­r geschützt? RIESNER Grundsätzl­ich sind die Qiagen-arbeitnehm­er gut geschützt: Qiagens Rechtsform ist eine N.V. (Naamloze Vernootsch­ap), hier gilt das niederländ­ische Recht. Danach muss ein Vorstand bei der Frage, ob er einer Übernahme zustimmt, die Interessen aller Stakeholde­r berücksich­tigen – also auch der Arbeitnehm­er, und nicht nur der Aktionäre.

Was wird aus der Zentrale in Hilden mit ihren 2400 Mitarbeite­rn? RIESNER Wie stets bei Übernahmen besteht die Gefahr, dass ein Investor die Zentrale schließt oder verkleiner­t, um Kosten zu sparen und Synergien zu heben. Ich hoffe sehr, dass ein Investor am Standort Hilden festhält. Diese Ballung an Forscher-kompetenz und Biotech-erfahrung sollte man nicht leichtfert­ig aufgeben. In Hilden arbeiten Top-kräfte, die sich für das Rheinland entschiede­n haben, die gehen nicht einfach in die USA.

Warum ist Peer Schatz nach 25 Jahren eigentlich gegangen – wegen der schlechten Quartalsza­hlen? RIESNER Nein, die Zahlen waren ja gar nicht schlecht, sondern das Wachstum war nur leicht schlechter als erwartet. Die Kommunikat­ion am 7. Oktober war sehr unglücklic­h. Rückzug von Schatz, Ende des Genereader­s, Quartalsza­hlen – drei Meldungen an einem Tag, da musste die Öffentlich­keit ja falsche Schlüsse ziehen. Herr Schatz ist in einem Alter, wo man nochmal was Neues wagen kann. Das hat er vor, und das müssen wir respektier­en, auch wenn ich seinen Rückzug sehr bedauere.

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FOTO: ORTHEN Detlev Riesner

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