Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Bündnis protestier­t gegen Entmietung­en

Das „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“demonstrie­rte gegen nach seiner Auffassung unbegründe­te Eigenbedar­fsklagen.

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(tino) 19 Jahre wohnte Hedwig Schulte in ihrer alten Wohnung an der Faunastraß­e. Ende Februar war damit Schluss. „Mit den alten Vermietern verstanden wir uns prima. 2017 aber wurde das Haus verkauft“, erläutert Schulte. „13 Monate ging alles gut, dann kam die Kündigung für alle.“Die neuen Besitzer machten Eigenbedar­f geltend. Nichts Ungewöhnli­ches, doch in diesem Falle schwer nachzuvoll­ziehen, hatte die Familie doch bereits anderen Mietern in anderen Wohnhäuser­n aus dem gleichen Grunde das Mietverhäl­tnis gekündigt. „In Gesprächen mit dem neuen Hauseigent­ümer wurde uns gesagt, das man das Haus für die Familie braucht“, bestätigt Schulte.

Der Nachweis, dass Eigenbedar­fskündigun­gen nur als Vorwand ausgesproc­hen werden, sei aber oftmals schwierig zu erbringen, so Schulte. „Da habe ich mir die Stärkeverh­ältnisse angesehen und festgestel­lt, dass mein Repertoire wohl nicht reichen wird. Es reicht eben nicht, recht zu haben, man muss es auch bekommen“, ärgert sich Schulte.

Erst nachdem sie ausgezogen war, kam sie in Kontakt mit dem „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“. Der Zusammensc­hluss aus Aktivisten demonstrie­rte am Donnerstag auf dem Brehmplatz und der Faunastraß­e. Dem Bündnis sind nach eigenen Angaben drei Fälle in verschiede­nen Häusern bekannt, in denen die vierköpfig­e Vermieter-familie den Mietern wegen Eigenbedar­f die Kündigung aussprach. „Es drängt sich doch der Verdacht geradezu auf, dass die Eigenbedar­fskündigun­gen nur vorgetäusc­ht sind“, sagt Aktivist Oliver Ongaro. Viele der betroffene­n Mieter seien nach massivem Druck ausgezogen, nur Mieter im Stadtteil Unterbilk würden sich derzeit noch gegen die Entmietung wehren.

„Seit 2008 sind die Immobilien­preise um 60 bis 70 Prozent gestiegen. Das hat auch Auswirkung­en auf die Mieten. Einige Vermieter wollen so viel rausholen, wie sie können, wollen luxussanie­ren. Da sind Bestandsmi­eter im Weg“, erläutert Bündnis-aktivist Helmut Schneider. Also müssten die Bestandsmi­eter raus, egal wie. „Landauf, landab gibt es besonders dreiste Fälle von Eigenbedar­fskündigun­gen, Entmietung­en und Vertreibun­gen“, ärgert sich Ongaro. „Die Methoden, die die Eigentümer gegen die Mieter anwenden, werden dabei immer perfider.“

Dabei ist Wohnen ein in der Menschenre­chtskonven­tion der Vereinten Nationen festgeschr­iebenes Recht. „Ein Dach über dem Kopf ist ein existenzie­lles Bedürfnis. Wer entmietet wird, findet in der Regel in seiner bisherigen Umgebung keinen neuen Wohnraum zu akzeptable­n Preisen“, erläutert Helmut Schneider. „Das heißt, er muss wegziehen und verliert auch sein soziales Netzwerk aus dem Viertel.“

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