Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Deutschrap geht auch unpeinlich: Fatoni im zakk

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(tojo) Der Blick auf Spotify, Youtube und in die Szene-medien lässt anderes vermuten, doch Hip-hop ist nicht bloß Gangsta- oder AutotuneCl­oudrap. Im noch jungen Subgenre „Grown-man Rap“behandeln Mittdreißi­ger aus der Mittelschi­cht Themen im engeren Sinne für Erwachsene. Zwei Hauptprota­gonisten dieser Konterrevo­lution sind Fatoni alias Anton Schneider, gelernter Theatersch­auspieler, und Mädness, Spitzname: „de Gude“. Ersterer spielte am Mittwoch im Zakk, Letzterer bereitete ihm die Bühne. Es war ein Fest unter knapp 650 euphorisch­en Besuchern, von denen viele bald mit Geheimrats­ecken und Wohlstands­bäuchlein hadern werden. Die Zeilen „Sie sagen, dreißig ist das neue zwanzig / Mein Körper sagt leider was and’res“treffen.

Mit seinem neuen Album „Andorra“streift Fatoni erstmals die Rolle des Dauer-ironikers ab und erzählt ehrlich von sich, seiner Midlife-crisis („Alles zieht vorbei“), Selbstzwei­feln, Panikattac­ken. Seiner Zermürbung zwischen zu niedrigen und zu hohen Ansprüchen an sich selbst. Das funktionie­rt auch live wunderbar. Bei aller textlichen Klugheit und Sperrigkei­t: an Flow und Live-effekt mangelt es nicht. Mehrmals wirkte der Pogo im Strobo wie bei Deichkind, aber auf eine gute Art.

Am Lautesten mitgesunge­n wurde die schöne Zeile „Meine Rebellion besteht darin, dass ich in die falsche Richtung geh‘, wenn ich bei Ikea bin“. Eine harte, wichtige Wahrheit. Selbsterke­nntnis ist ja bekanntlic­h der erste Schritt zur Besserung. „Kleinkunst“nennt Einpeitsch­er Mädness das alles. Man möchte ergänzen: Große Kleinkunst.

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