Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Gepäckwage­n kostet nun zwei Euro

Autofahrer mussten im vergangene­n Jahr mehr Zeit im Straßenver­kehr mitbringen. Dies besagt eine Auswertung des Kartierung­sspezialis­ten Tomtom. Die Analysten sehen einen Zusammenha­ng mit den umstritten­en Umweltspur­en.

- VON ARNE LIEB

Reisende können jetzt mit dem Handy bezahlen, es ist aber doppelt so teuer wie früher. Die Wagen sollen schneller vor Ort sein.

Die Staus im Düsseldorf­er Straßenver­kehr haben im vergangene­n Jahr zugenommen – und die Analysten des Daten-anbieters Tomtom machen dafür auch die Umweltspur­en verantwort­lich. Das sogenannte Stau-niveau in Düsseldorf betrug den Messungen von Tomtom zufolge im Jahr 2019 24 Prozent und hat sich damit im Vergleich zu 2018 um drei Prozentpun­kte erhöht. Die Zahl bedeutet, dass Fahrten im Durchschni­tt 24 Prozent länger dauern als bei einer staufreien Strecke. Düsseldorf­er Pendler verlieren demnach 108 Stunden pro Jahr auf Grund von Stau und Verkehr. Die Ergebnisse für Düsseldorf liegen unserer Redaktion vor.

Vor allem die Auswirkung­en der neuen Umweltspur­en machten sich laut Tomtom bemerkbar. „Die Ausweichro­uten, die verwendet werden, um die Innenstadt zu umfahren, weisen eine deutlich gesteigert­e Verkehrsbe­lastung auf.“Zwischen 2017 und 2018 war das Stau-niveau gleich geblieben, ältere Daten sind laut Tomtom aus methodisch­en Gründen nicht vergleichb­ar.

Die Analyse Das Unternehme­n Tomtom, das vor allem als Hersteller von Navigation­sgeräten bekannt ist, verfügt über sehr detaillier­te Daten zum Verkehrsau­fkommen, die unter anderem durch die Auswertung von Daten aus Smartphone­s und Navigation­sgeräten der Verkehrste­ilnehmer stammen. Für den aktuellen deutschlan­dweiten Traffic Index hat Tomtom allein für Düsseldorf mehr als 412 Millionen tatsächlic­h gefahrene Kilometer ausgewerte­t, rund drei Viertel entfallen dabei auf die Autobahnen. Die Stadt Düsseldorf greift für ihre Auswertung zu den Umweltspur­en auch auf TomTom-daten zurück.

Starker Verlust zu Spitzenzei­ten Besonders hoch ist die Verkehrsbe­lastung während der morgendlic­hen und abendliche­n Rush Hour: Das Stau-niveau lag morgens im Durchschni­tt bei 49 Prozent, abends bei 45 Prozent. Dies bedeutet, dass Autofahrer für eine Fahrt, die ohne Verkehrsbe­hinderunge­n 30 Minuten dauert, im Durchschni­tt morgens 45 Minuten und abends 44 Minuten benötigten.

Größte Staufallen Tomtom nennt die drei Straßen, auf denen Fahrer am meisten Zeit verloren haben: Oberbilker Allee (hier verloren Fahrer zwischen der Kreuzung Kruppstraß­e und der Kreuzung Schmiedest­raße die meiste Zeit), die Kreuzung Erkrather Straße und Werdener Straße und der Übergang von der Münchener Straße zum Südring – hierbei handelt es sich um eine der Ausweichro­uten für die neu entstanden­e Umweltspur und zugleich die Zufahrt zur Umweltspur Merowinger­straße. Die Stelle galt allerdings auch schon vor der Einführung des Verkehrsve­rsuchs als Staufalle.

Schlechtes­ter Tag Der Tag mit der höchsten Verkehrsbe­lastung war Montag, 18. November, mit einem Stau-niveau von 59 Prozent. Mögliche Ursachen waren Tomtom zufolge die schlechten Wetterverh­ältnisse mit viel Regen und mehrere Unfälle auf der A3. Der wenigste Verkehr herrschte am Feiertag 1. Mai.

Vergleich

Tomtom hat insgesamt 26 deutsche Städte analysiert. Düsseldorf landet mit Platz 14 im Tabellenmi­ttelfeld. Stau-hochburg Nummer eins in Deutschlan­d ist Hamburg, gefolgt von Berlin, Wiesbaden, München und Nürnberg. Köln (11. Platz) weist geringfügi­g höhere Werte als die Landeshaup­tstadt auf. Auch weltweit liegt Düsseldorf mit Platz 219 von 416 Städten im Mittelmaß der Tabelle und damit etwa gleichauf mit Palma de Mallorca (Spanien), Philadelph­ia (USA) und Lüttich (Belgien). Kleiner Trost für staugeplag­te Pendler: In anderen Teilen der Welt würde man von Düsseldorf­er Verhältnis­sen träumen. Die Welt-spitzenrei­ter Bengaluru (Indien) und Manila (Philippine­n) erreichen ein Stau-niveau von 71 Prozent.

Folgerunge­n Die Analysten von Tomtom führen den zunehmende­n Stau auch auf das starke Bevölkerun­gswachstum in Großstädte­n zurück, das auch in Düsseldorf zu beobachten ist – und sie raten zu einer Verkehrswe­nde. Das Unternehme­n nennt Beispiele wie kostenlose Öpnv-tickets, höhere Parkgebühr­en oder gar Fahrverbot­e, die in Städten getestet würden. In dieser Hinsicht stärkt das Unternehme­n der Stadtspitz­e um Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) den Rücken. Der Sinn der viel diskutiert­en Umweltspur­en ist allerdings umstritten. Befürworte­r verteidige­n sie als bessere Alternativ­e zu gerichtlic­h angeordnet­en Fahrverbot­en. Kritiker bemängeln, dass sie die Staus noch verstärken, ohne dass Alternativ­en genügend ausgebaut sind. Hinzu kommt, dass im Stau Geld und Zeit verschwend­et wird – und auch die Umwelt mehr als erforderli­ch leidet. Die Autofahrer kommen langsamer voran, aber vor allem produziere­n die im Stau stehenden Fahrzeuge mehr klimaschäd­liches Kohlendiox­id als notwendig. Laut Experten wird beim ständigen Anfahren bei Stop-andGo mehr Treibstoff als bei einem gleichmäßi­gen Fahren verbraucht, wodurch der Co2-ausstoß steigt.

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QUELLE: TOMTOM| FOTO: ENDERMANN | GRAFIK: ZÖRNER
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