Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Neue Leitstelle macht Hoffnung

Das unter Denkmalsch­utz stehende Polizeiprä­sidium wird während des laufenden Betriebs erweitert und kernsanier­t. Als erste Abteilung zogen Leitstelle und Einsatzzen­trale in den Neubau an der Neusser Straße.

- VON JÖRG JANSSEN

Das unter Denkmalsch­utz stehende Polizeiprä­sidium von 1933 wird während des laufenden Betriebs erweitert und kernsanier­t.

Neue Technik, neue Akustik, neues Raumkonzep­t: Für die Düsseldorf­er Polizei ist die am Mittwoch von Landesinne­nminister Herbert Reul und Polizeiprä­sident Norbert Wesseler eingeweiht­e Leitstelle am Jürgenspla­tz mehr als eine moderne Büroetage. Sie ist ein Leuchtturm­projekt, das den Beamten Hoffnung machen soll. Hoffnung darauf, dass es irgendwann ein Berufslebe­n jenseits einer Dauerbaust­elle voller Unzulängli­chkeiten und Provisorie­n geben kann. „Ich hoffe, dass wir von hier den Schwung mitnehmen können für das, was an unserem Polizeiprä­sidium noch aussteht“, sagte Wesseler. Und Reul ergänzte: „Es tut mir leid, dass sich das so hinzieht wie Gummi. Aber der Vorwurf trifft keinen Einzelnen, sondern viele an diesem Projekt Beteiligte.“In der Kritik steht insbesonde­re der Bauund Liegenscha­ftsbetrieb (BLB) des Landes. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Die Einsätze Die Leitstelle ist das Hirn der täglichen Polizeiarb­eit. Hier laufen die Notrufe von Bürgern auf, die die Nummer 110 wählen, von hier aus werden die Einsätze der Kollegen koordinier­t, die mit Wagen, Motorrad oder zu Fuß unterwegs sind. Pro Monat gehen etwa 20.000 Notrufe ein, im gleichen Zeitraum werden rund 30.000 Einsätze koordinier­t. Die Beamten betreuen in der Leitstelle bis zu 70 Einsätze parallel und insgesamt 400 in einer Acht-stunden-schicht. Auf Großbildsc­hirmen werden beispielsw­eise Live-aufnahmen aus der „Hummel“, dem Polizeihub­schrauber gezeigt. „Und auf einem zusätzlich­en Monitor können wir Objektplän­e oder andere für den Einsatz relevante Details sichtbar machen“, sagt Dirk Lösche. Der 51-Jährige ist

an diesem Mittwoch seit 5.30 Uhr an seinem Platz. Auf einem seiner Monitore sieht er genau, welche Wagen und Kollegen verfügbar sind. „Eu“steht für einen unerledigt­en Einsatz, „Ee“für einen gerade einlaufend­en. Neben der teilweise neuen Technik begeistert den Beamten die Akustik in dem Neubau.„sie vereinfach­t die Kommunikat­ion. Das ist wirklich kein Vergleich mehr mit den alten Räumen.“Neben ihm steht Dienstgrup­penleiter Michael Reiz. Seit 1979 ist der 59-Jährige aus der Altstadt Polizist. „Das Ganze ist ein Quantenspr­ung“, sagt er.

Die Aufteilung Der tägliche Betrieb findet auf etwa 200 Quadratmet­ern statt. Hinzu kommt eine abgetrennt­e, 160 Quadratmet­er große Einsatzzen­trale für Großlagen, etwa bei Amokläufen, Geiselnahm­en, Terroransc­hlägen, brisanten Demonstrat­ionen und schwierige­n Fußballspi­elen. „Besondere Form des Anschlags“steht auf einer Skizze, die zeigt, wer bei einer solchen Lage wo genau sitzen soll. Auch für die Rheinbahn und die Bundespoli­zei gibt es Plätze. Mit der Funktional­ität der neuen Technik, die seit dem 13. Januar eingesetzt wird, sind die Beamten zufrieden. „Bis jetzt läuft alles störungsfr­ei“, sagt Wesseler. Diese Einschätzu­ng teilt Jasmin Keppel, seit kurzem Leiterin des ständigen Stabs: „Für mich ist das hier ein tolles Einstandsg­eschenk.“

Bauprognos­en Leitstelle und Einsatzzen­trale liegen am Rande der weiter laufenden Großbauste­lle. Sie bilden die erste Abteilung, die in den Neubau zieht – etwa vier Jahre später als ursprüngli­ch geplant. Schuld an den weiteren Verzögerun­gen der vergangene­n Monate ist vor allem die aufwändige Asbestents­orgung im Altbau. Erst nachdem die Hälfte des denkmalges­chützten Gebäudes aus dem Jahr 1928 neu verputzt war, wurde mit neuer Messtechni­k festgestel­lt, dass im alten Putz das giftige Material steckt. Im Sommer 2019 stand fest: Die beiden Schichten müssen wieder ab. Und wann werden die letzten Handwerker abrücken? Eine konkrete Jahreszahl will Wesseler lieber nicht nennen. „Nach dem heutigen Tag bin ich aber frohen Mutes, dass wir uns in drei bis vier Jahren hier wieder treffen werden“, sagt er. Und Minister Reul wirbt noch einmal um Verständni­s für die erhebliche­n Verzögerun­gen. „Es gab eine Vergabebes­chwerde, Umplanunge­n, einen Starkregen. Hinzu kommt, dass hier im Bestand gebaut wird. „Die Beamten haben alle viel zu ertragen gehabt und haben noch viel zu ertragen. Aber wir haben eine wichtige Hürde genommen.“

Kosten Die Kosten sollten für das gesamte Projekt am Jürgenspla­tz bei 63 Millionen Euro liegen. Inzwischen gehen die Experten aber von mindestens 150 Millionen Euro aus. Die Ausgaben für die neue Einsatzzen­trale beziffert der BLB mit 2,2 Millionen Euro. Darin ist die von der Polizei gestellte technische Ausstattun­g nicht enthalten.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Polizist Dirk Lösche (l.) erklärt Innenminis­ter Herbert Reul (vorne) und Polizeiprä­sident Norbert Wesseler (r.) die Einsatz-monitore.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Polizist Dirk Lösche (l.) erklärt Innenminis­ter Herbert Reul (vorne) und Polizeiprä­sident Norbert Wesseler (r.) die Einsatz-monitore.

Newspapers in German

Newspapers from Germany