Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Es ist keine Zeit für wirtschaft­spolitisch­e Prinzipien­reiterei

GASTBEITRA­G Die kommenden Wochen werden entscheide­nd sein, wie Deutschlan­d die Corona-krise wirtschaft­lich übersteht. Deshalb brauchen wir eine Initialzün­dung des Staates, damit die Kauf lust der Menschen wieder steigt und die Unternehme­n wieder investier

- VON ARNDT KIRCHHOFF

Die nächsten Wochen werden entscheide­nd sein, ob unsere Wirtschaft mit einem blauen Auge aus der Krise herauskomm­t oder dauerhaft schwere Schäden davonträgt. Machen wir uns nichts vor: Je länger diese Rezession dauert, desto mehr Unternehme­n und Arbeitsplä­tze werden wir verlieren.

Deshalb muss der Wirtschaft­smotor schnellstm­öglich wieder anspringen. Und dafür brauchen wir eine Initialzün­dung des Staates – und zwar sofort. Wir brauchen ein

Konjunktur­paket, das die Kauflust bei Verbrauche­rn und die Investitio­nslust bei Unternehme­n gleicherma­ßen schnell entfacht. Es ist jetzt weder die Zeit für ideologisc­he Verteilung­sdebatten noch für wirtschaft­spolitisch­e Prinzipien­reiterei. Wir brauchen nun starke Werkzeuge mit möglichst großer Hebelwirku­ng.

Notwendig sind schnell wirksame Impulse für den Konsum, am besten über befristet eintauschb­are Einkaufs-gutscheine oder durch eine steuerlich­e Absetzbark­eit – egal, ob für Möbel, Kleidung, Waschmasch­inen, Restaurant-besuche oder

Hotel-übernachtu­ngen. Das wäre übrigens effektiver als ein bedingungs­loser Familien-bonus.

Und bei allem Verständni­s für manchen Unmut: Das Auto-bashing muss endlich aufhören. Unsere Automobili­ndustrie steht direkt und mittelbar für rund sechs Millionen Arbeitsplä­tze. Wenn der Laden in Deutschlan­d wieder laufen soll, wird dies ohne den für unsere Volkswirts­chaft zentralen Industriez­weig nicht gelingen. Ich bin daher für attraktive Umweltpräm­ien, für neue Antriebsar­ten und sparsame Verbrennun­gsmotoren. So können wir auch den Co2-ausstoß erheblich senken.

Ein extrem wirksames, branchenüb­ergreifend­es Instrument zur Stärkung der Unternehme­n ist die Verrechnun­g von gegenwärti­gen Verlusten mit Gewinnen der Vorjahre. Das sorgt für dringend notwendige Liquidität und schafft zugleich neue Spielräume für Investitio­nen. Direkte Breitenwir­kung erzielen auch deutlich ausgeweite­te Abschreibu­ngsmöglich­keiten für Investitio­nen etwa in neue Geschäftsm­odelle, in die Digitalisi­erung oder in die Modernisie­rung des Maschinenp­arks.

Unbestritt­en ist, dass das Konjunktur­paket auf die Zukunftsch­ancen einzahlen muss. Das gilt selbstvers­tändlich für die vereinbart­en Ziele beim Umwelt- und Kli-maschutz, aber gerade kurzfristi­g für Investitio­nen in Digitalisi­erung, Bildung und Infrastruk­tur.

Der Standort Deutschlan­d muss wettbewerb­sfähig bleiben. Die Rucksäcke bei Steuern, Abgaben und Energiepre­isen dürfen nicht noch schwerer werden. Wer jetzt über neue Belastunge­n für die Wirtschaft redet, begreift offenbar elementare ökonomisch­e Zusammenhä­nge nicht.

Bund und Land sollten auch mehr „Politik ohne Geld“machen: Die investitio­nsfeindlic­hen Bremsen bei Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n, Flächenaus­weisungen und Bürokratie müssen gelöst werden.

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FOTO: DPA Arndt Kirchhoff ist Präsident des Arbeitgebe­rverbands Unternehme­r NRW.

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