Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der Fünfkämpfe­r sieht die Verschiebu­ng von Olympia als Chance.

Christian Zillekens war ein möglicher Kandidat für Olympia 2020. Die Verschiebu­ng der Spiele in Japan bietet ihm auch eine Chance.

- VON CHRISTOPH BAUMEISTER

OSTERATH Zu gerne wäre Christian Zillekens im August in Tokio gewesen. Die Olympische­n Spiele 2020 hätten zu diesem Zeitpunkt auf die Zielgerade eingebogen und er hätte im Modernen Fünfkampf um eine Medaille gekämpft. Dieser Traum ist vorerst geplatzt. Die Spiele in Japan wurden wegen der Corona-pandemie bekanntlic­h um ein Jahr verschoben. „Die Gesundheit geht vor, deswegen war es eine absolut richtige Entscheidu­ng, Olympia in diesem Jahr nicht stattfinde­n zu lassen“, meint der Osterather.

Er persönlich könnte von der Verschiebu­ng sogar profitiere­n. „Die Zeit, die wir jetzt mehr haben, kann ich nutzen, um weiter an meinen Defiziten zu arbeiten“, sagt Zillekens. Denn ausgerechn­et bei seinem ersten Weltcupsie­g im Mai des vergangene­n Jahres in Ungarn hatte er sich schwer verletzt. Beim Fechten zog er sich einen Sehnenriss an der Hand zu. Eine Operation war unumgängli­ch, die Saison war für den 24-Jährigen damit gelaufen. „Durch die lange Trainings- und Wettkampfp­ause habe ich den Anschluss an die Weltspitze verloren“, erzählt Zillekens. Diszipline­n wie Fechten oder Schwimmen konnte er eine ganze Weile gar nicht ausüben. Erst im November – knapp neun Monate vor dem geplanten Start der Olympische­n Spiele 2020 – konnte er wieder das komplette Training aufnehmen.

Den ersten und bis dato einzigen Wettkampf nach seiner Verletzung bestritt er Ende Februar, als er beim Weltcup in Kairo den elften Platz belegte. „Das war eine sehr ordentlich­e Rückkehr, aber ich habe gemerkt, dass ich noch nicht auf meinem alten Level war“, so Zillekens. Im starken Männerteam der Fünfkämpfe­r dürfe er sich jedoch keine Schwäche erlauben, um sich am Ende das begehrte Olympiatic­ket zu sichern. In Marvin Dogue, Patrick Dogue, Fabian Liebig und Zillekens hat der Deutsche Verband für den Modernen Fünfkampf derzeit vier Top-athleten, doch nur zwei von ihnen dürfen in Japan starten.

Möglichkei­ten, sich für die dortige Teilnahme anzubieten haben sie momentan alle nicht. Die Wettkämpfe sind bis auf Weiteres ausgesetzt – und das mache es enorm schwer, die Motivation hochzuhalt­en. „Nach der endgültige­n Olympia-absage sind wir alle in ein Loch gefallen. Wir bereiten uns Jahre auf dieses Ereignis vor – und dann findet es nicht statt. Jetzt hoffen wir, dass wir wenigstens 2021 starten können“, sagt Zillekens.

Seine Liebe zum Modernen Fünfkampf – bestehend aus Fechten, Schwimmen, Reiten und Combined, der Kombinatio­n aus Schießen und Laufen – entdeckte er schon im Kindesalte­r für sich. Das Laufen trainierte er lange Zeit beim Osterather TV, die übrigen Sportarten beim Neusser SV. Als Achtklässl­er wechselte er zum OSC Potsdam. 2016 nahm Zillekens in Rio erstmals an den Olympische­n Spielen teil und schloss den dortigen Einzelwett­kampf auf Rang 21 ab. Im Mai 2019 feierte er den ersten Weltcupsie­g seiner Karriere, bei dem er sich – wie eingangs erwähnt – die Handverlet­zung zuzog.

Zillekens Alltag besteht derzeit allein aus Training. Am Vormittag stehen meist Fechten, Schießen und Schwimmen auf dem Programm, am Nachmittag Reiten und Laufen. Seine Freundin Annika Schleu, mit der er gemeinsam in Potsdam wohnt, hat als momentan beste deutsche Fünfkämpfe­rin das Olympia-ticket bereits sicher.

Obwohl sie ein Paar sind, dürfen sie derzeit wegen der Corona-regeln nicht zusammen trainieren. Schleu bereitet sich auf dem Olympiagel­ände in Berlin vor, 30 Kilometer weiter südwestlic­h schuftet Zillekens im Luftschiff­hafen Potsdam. „Früher durften wir ab und zu auch mal auf der Anlage des anderen trainieren. Das geht derzeit nicht. Aber zumindest die individuel­len Laufeinhei­ten können wir zusammen bestreiten“, sagt Zillekens. Ihren Olympiatra­um verfolgen sie ohnehin gemeinsam. „Natürlich hoffen wir, im nächsten Sommer gemeinsam nach Tokio zu fliegen.“

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ARCHIV: ZILLEKENS
Christian Zillekens bei seinem ersten Weltcupsie­g im Mai des vergangene­n Jahres in Ungarn. Dort verletzte er sich schwer. ARCHIV: ZILLEKENS

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